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Am 26. April 2002 erschoss ein Jugendlicher in zehn Minuten 16 Menschen in seiner ehemaligen Schule und tötete sich selbst.

Foto: APA/Martin Schutt
Erfurt - Der angebliche Mittäter des Erfurter Schulmassakers mit 17 Toten ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft nur ein Trittbrettfahrer. Der verdächtige 35-jährige Erfurter habe nie zum Täter Robert Steinhäuser Kontakt gehabt, teilte die Behörde am Mittwoch mit.

Der Mann habe sich zum Jahreswechsel per Brief und E-Mail als Mittäter und Mitwisser des Schulmassakers vom 26. April 2002 ausgegeben. Thüringens Justizminister Karl Heinz Gasser hatte Anfang April von Spuren gesprochen, die auf etwas Gefährliches hindeuten könnten.

In dem am Mittwoch veröffentlichten Abschlussbericht der vom Land eingesetzten Untersuchungskommission heißt es, der Mann habe sich als "spiritus rector und Antreiber des Robert Steinhäuser" dargestellt. Angaben der Ermittler zufolge gab er an, er habe die Schreiben "zur persönlichen Verarbeitung des Geschehens" verfasst. Gegen ihn werde wegen Vortäuschens einer Straftat ermittelt.

Verschleierungstaktik

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft wollte eine Passage des Berichts nicht kommentieren, dass Steinhäusers Weg zur Schule am Tattag nicht ausreichend untersucht worden sei. Gasser lehnte eine Stellungnahme zu den Ergebnissen des Berichts ab. Er hatte dem Magazin Focus am Wochenende gesagt, die Vorwürfe der Berliner Autorin Ines Geipel hätten sich in Luft aufgelöst. In ihrem Buch hatte sie den Rettungseinsatz kritisiert und dem Land Verschleierungstaktik bei der Aufarbeitung vorgeworfen.

Die Staatsanwaltschaft Gera will den Bericht heranziehen, um Strafanzeigen von Hinterbliebenen zu prüfen. Sie werfen den Verantwortlichen für den Polizeieinsatz bei dem Masker unterlassene Hilfeleistung vor, da die Beamten zu langsam in das Schulgebäude vorgedrungen seien.

Der Kommissionsbericht hält zwar Versäumnisse beim Polizeieinsatz fest, doch wird das Vorgehen nicht kritisiert. Dagegen sei die Schulentlassung Steinhäusers ein halbes Jahr vor dem Massaker rechtlich nicht begründet gewesen. Er hatte geschwänzt und ein Attest gefälscht. Am 26. April 2002 erschoss er in zehn Minuten 16 Menschen in seiner ehemaligen Schule und tötete sich selbst. (dpa, DER STANDARD Printausgabe 22.4.2004)