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Der Gesichtsausdruck des berittenen Schönlings ist verwegen, so, wie es sich für einen imaginären Leinwandhelden gehört. Nicht einmal die auf seinem 1-PS-Transportmittel doch etwas sperrig anmutende, mit geblähten Backen intonierte Tuba kann da seine Coolness ernstlich beeinträchtigen. Mit "Balkanfever" ist das 1. Wiener Balkan-Festival überschrieben, das unter der künstlerischen Leitung des Musikjournalisten und Literaten Richard Schuberth seit einigen Tagen vorrangig im, dank Initiator Amin Chlache, neu belebten "Tunnel" über die Bühne geht. Plakat und Titel reflektieren den spielerischen Umgang mit den Klischees von angeblicher Authentizität und Wildromantik, "Balkanfever" verweist folglich bewusst auf Bereiche abseits der allseits grassierenden, nicht zuletzt Emir Kusturica zuzuschreibenden Blechblasmusikanten-Manie und schafft ein differenzierteres Bild dessen, was unter dem Namen "Balkan" zu Unrecht als homogener Kulturraum bezeichnet wird.

Die Sängerinnen Aleksandra Tehovnik (22. 4.) und Eda Zari (23. 4.), die die Volksmusiktraditionen ihrer slowenischen bzw. albanischen Heimat auf jazzige Weise beleben, und der bulgarische, samt berühmter "Wedding Band" anreisende Veteran Ivo Papasov (30. 4.) seien aus dem jazzlastigen Programm hervorgehoben. Desgleichen Akkordeonist Martin Lubenov samt Quartett Orfej (24. 4.) und Orkestar (2. 5.), die energiegeladenen ungarischen Roma-Fusionisten von "Besh O Drom" (13. 5. WUK) und der usbeskische Gitarren-Tapping-Meister Enver Izmailov (14. 5.). Mit dem mazedonischen Kocani Orkestar (16. 5.) landet man abschließend dann doch noch bei Kusturicas "Time of the Gypsies". (felb/DER STANDARD, Printausgabe vom 21.4.2004)