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Laetita Delheze

Foto: APA/epa/David Martin
Eine Welle der Gefühle hat das letzte Opfer des belgischen Kinderschänders Marc Dutroux am Dienstag im Prozess gegen ihren Peiniger ausgelöst. "Das Böse ist getan, daran ist nichts mehr zu ändern" - mit diesen Worten wies Laetitia Delhez am Ende ihrer Zeugenaussage den Entschuldigungsversuch von Dutroux' mitangeklagter Ex-Frau Michelle Martin zurück. Ihre Leidensgenossin Sabine Dardenne erwiderte auf ein ähnliches "Bedauern" von Dutroux selbst: "Mit diesen Entschuldigungen können Sie, schlicht gesagt, krepieren."

45 Minuten lang berichtete Laetitia Delhez von ihrer Misshandlung, deren Folgen sie bis heute spüre. Er fragte mich: Tut das weh?" berichtete die 22-Jährige am Dienstag den schockierten Prozessteilnehmern im südbelgischen Arlon über ihre mehrfache Vergewaltigung durch Dutroux. Reue habe ihr Peiniger allerdings nie gezeigt. Er habe sogar gelacht, während er sich an ihr verging. "Das erste Jahr war es sehr schwer für mich, aus dem Haus zu gehen - selbst zur Schule, die nur 100 Meter entfernt ist", sagte die heute 22-Jährige. "Noch heute habe ich Angst, im Dunkeln nach draußen zu gehen."

Dutroux habe sie bei ihrer Entführung am Abend des 9. Mai 1996 betäubt und anschließend mehrfach vergewaltigt. Sichtlich unter dem Eindruck dieser Aussage dankten die zwölf Geschworenen der jungen Frau für ihre mutiges Zeugnis.

Telefonat belauscht

Delhez bekräftigte im Schwurgericht von Arlon, während ihrer Gefangenschaft drei Telefonate von Dutroux belauscht zu haben. Darin habe Dutroux mit einem Jean-Michel und einem Michel gesprochen und kurz nach ihrer Entführung gesagt, "es hat geklappt". Diese Aussage gilt als Hinweis auf einen möglichen Auftrag des Mitangeklagten Michel Nihoul zur Entführung des Mädchens. Der mehrfach vorbestrafte Betrüger Nihoul lässt sich auch Jean-Michel nennen.

Cheffahnder Michel Demoulin sagte aus, der genaue Zeitpunkt dieser belauschten Gespräche lasse sich nicht rekonstruieren. Dutroux und Nihoul telefonierten nach seinen Ermittlungen vor und nach der Entführung mehrmals täglich miteinander. Nihouls Telefonate vor der Entführung am 9. August 1996 hätten aber nicht notwendig mit Laetitia zu tun: "Alle diese Anrufe können im Zusammenhang mit der Wiederbeschaffung von Nihouls Auto stehen", sagte Demoulin.

Im Haus mit dem Kellerverlies hat es nach Angaben von Sabine Dardenne auch dann Geräusche gegeben, wenn Hausherr Dutroux abwesend war: "Es war ein Kommen und gehen in diesem Haus." Ihr Peiniger habe den Mädchen jedoch eingeschärft, sich absolut still zu verhalten, um nicht von einem bösen Chef ermordet zu werden.

Klima der Angst

Ihre Leidensgefährtin Delhez bestätigte dieses Klima der Angst. "Dutroux hat nicht nur unsere Körper, er hat auch unseren Geist vergewaltigt", hatte die 22-Jährige zuvor in einem Interview erklärt. "Dutroux hat mir nicht nur die Jungfräulichkeit geraubt", sagte die junge Frau, die heute als Putzfrau auf einem südbelgischen Bahnhof arbeitet, der Zeitung "La Derniere Heure" vom Dienstag.

Vorwürfe an Richter Goux

Unterdessen bekam der Vorsitzende Richter Stephane Goux schwere Vorwürfe der Geschworenen zu hören. Im Namen ihrer Kollegen kritisierte eine Laienrichterin das Tempo, dass Goux bei manchen Zeugenvernehmungen gegen Ende des Tages vorlege. Als Goux danach zum Platz der beiden Gefangenen im Kellerversteck meinte, "sie waren damals beide jung und schlank", erwiderte ihm die Zeugin Delhez: "Wollen sie damit sagen, dass ich heute dick bin?"

Im Mittelpunkt des Prozesses geht es um die Entführung und Vergewaltigung von sechs Mädchen, von denen nur Laetitia Delhez und Sabine Dardenne überlebten. Neben Dutroux sitzen drei mutmaßliche Komplizen im Glaskasten der Anklagten. (APA/dpa)