Jerusalem/Amman/New York - Nach dem grünen Licht von US-Präsident George W. Bush für die unilateralen "Trennungspläne" des israelischen Regierungschefs Ariel Sharon, die faktisch auf eine Annexion palästinensischer Gebiete hinauslaufen, gehen die arabischen Verbündeten demonstrativ auf Distanz zu Washington. Der jordanische König Abdullah II. hat einen für Mittwoch geplant gewesenen Besuch bei Bush überraschend absagen lassen. Die Regierung in Amman erklärte, zunächst müsse die amerikanische Position im Nahost-Friedensprozess geklärt werden. Dies sei in Anbetracht der jüngsten Äußerungen von Vertretern der US-Regierung unverzichtbar.

Von USA Aufklärung gefordert

Die jordanische Regierung wünsche von den USA Aufklärung über deren tatsächlichen Standpunkt in der Endstatus-Frage (des Westjordanlandes und Gaza-Streifens), betonte Außenminister Marwan Muasher. Bush hatte sich in der vergangenen Woche hinter die unilateralen Pläne Sharons gestellt, die den israelischen Abzug aus dem Gaza-Streifen bei gleichzeitiger Annexion von Teilen des Westjordanlandes zum Ziel hat.

1994 hatte Jordanien als zweites arabisches Land nach Ägypten einen Separatfrieden mit Israel geschlossen. "In Anerkennung des legitimen Rechts der Palästinenser auf einen unabhängigen Staat" hatte der verstorbene König Hussein 1988 die staatsrechtliche Ausgliederung des 1967 von Israel eroberten Westjordanlandes mit Ostjerusalem vollzogen. Jordanien hatte im Februar vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag deponiert, dass es sich durch den von Israel im Westjordanland errichteten Sperrwahl direkt bedroht fühlt. Die Lebensbedingungen würden für die palästinensische Bevölkerung durch die israelischen Maßnahmen "unerträglich". Dem Königreich drohten dadurch neue Flüchtlingsströme.

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Sean McCormack, erklärte, Washington habe Verständnis für die Entscheidung von König Abdullah, angesichts der jüngsten Nahost-Entwicklungen das Treffen mit dem Präsidenten zu verschieben. Die jordanische Presse sprach am Dienstag von "schweren Beschädigungen" des Verhältnisses zu den USA.

Ägypten: "Absprache verschärft die Lage dramatisch

Der ägyptische Präsident Hosni Mubarak hatte am Montag in Paris vor einer dramatischen Zunahme der Gewalt im Nahen Osten gewarnt. Die Lage habe sich durch die jüngsten Absprachen zwischen Bush und Sharon verschärft. Wenn Sharon den Gaza-Streifen "ohne vorherige Vereinbarung mit den Palästinensern" räumen lasse, "werden wir das Chaos bekommen". Die Mitgliedstaaten der Arabischen Liga haben sich darauf verständigt, ihr Ende März in letzter Minute geplatztes Gipfeltreffen am 22. Mai in Tunis nachzuholen.

Powell: USA werden auf arabische Sorgen eingehen

S-Außenminister Colin Powell hat den arabischen Staaten zugesagt, dass sein Land auf die Sorgen über das amerikanische Engagement für die so genannte Road Map eingehen werde. Der Ärger vieler arabischer Länder habe unter anderem dazu geführt, dass der jordanische König Abdullah II. sein für Mittwoch geplantes Treffen mit US-Präsident George W. Bush in Washington verschoben habe, räumte Powell am Dienstag ein. Zugleich betonte er, die Unterstützung von Bush für den israelischen Abzugsplan sei die beste Möglichkeit, um bei der Suche nach einer Lösung im Nahost-Konflikt voranzukommen.

Er sei sicher, dass Washington auf die Bedenken des jordanischen Königs eingehen könne, fügte Powell nach einem Treffen mit dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana hinzu. Die USA hätten die Road Map nicht aufgegeben. Der von Premier Ariel Sharon geplante einseitige Rückzug aus allen Siedlungen im Gazastreifen sowie bestimmten Siedlungen im Westjordanland müsse im Einklang mit dem Friedensfahrplan des so genannten Nahost-Quartetts geschehen. Alle Fragen zum Endstatus der Palästinensergebiete müssten von beiden Seiten einvernehmlich geregelt werden. (APA/AP/AFP/dpa)