Wien - Mit einer Panne hat am Montag im Wiener Landesgericht der Prozess um den so genannten Haban-Mord begonnen: Die Dolmetscherin war nicht zeitgerecht erschienen, da sie keine schriftliche Ladung erhalten hatte. Das Verfahren gegen Massimiliano F. (33) konnte daher erst mit einstündiger Verspätung eröffnet werden. Der Italiener soll am 9. Mai 1998 mit zwei Landsleuten das Juweliergeschäft Haban in der Wiener Innenstadt überfallen haben. Michele 'd A. - laut Anklage der Haupttäter - erschoss dabei den Geschäftsführer Siegfried Goluch, als dieser seinen Platz verlassen und sich hinter eine Vitrine begeben wollte.

Massimiliano F. war im Vorjahr in München auf einen nach wie vor aufrechten österreichischen Haftbefehl hin festgenommen und den heimischen Behörden übergeben worden. Dies, obwohl er in derselben Sache in Bologna in einem dreijährigen Verfahren mit seinen beiden angeblichen Komplizen rechtskräftig freigesprochen worden war.

Die Staatsanwaltschaft Wien stellte sich allerdings auf den Standpunkt, man habe die heikle Strafsache nie eingestellt oder an Italien abgetreten. Ein im Ausland geführtes Verfahren berühre das österreichische dann nicht, wenn die Tat in Österreich vorbereitet und durchgeführt wurde, ließ man sich vom Justizministerium bestätigen und erhob gegen den 33-Jährigen Anklage wegen Beitragstäterschaft.

"Ich habe nichts begangen"

Dieser betonte nun vor dem Schwurgericht (Vorsitz: Peter Liebetreu): "Ich bin unschuldig! Ich habe nichts begangen." Er akzeptiere diesen Prozess nicht, fügte er hinzu. Verteidiger Richard Soyer bezeichnete den Italiener als "den dummen Dritten, der unschuldig zum Handkuss kommen soll".

"Es gibt keinen Beweis, dass sich Massimiliano F. am 9. Mai 1998 oder an den Tagen zuvor in Wien aufgehalten hat. Es gibt keine Spur für seine Anwesenheit", meinte der Anwalt. Richtig sei, dass sein Mandant seit 15 Jahren mit Michele d' A. befreundet war, dem Soyer Kontakte zur Mafia und eine Karriere als Schwerverbrecher nachsagte. Andrea S. - der Anklageschrift zufolge der dritte Täter - habe er gar nicht gekannt.

Andrea V. - ein weiteres Mitglied jener Bande um Michele d' A., die sich hauptsächlich mit Überfällen auf Banken, Wechselstuben und Juweliere beschäftigt haben soll - belastet jedoch die drei Männer massiv. Sowohl der Schütze als auch Massimiliano F. hätten ihm den Mord gestanden, so der Kronzeuge der Anklage, der am kommenden Montag in dem auf mehrere Wochen anberaumten Verfahren aussagen soll.

Massimiliano F. erklärte dazu, V. verdächtige ihn fälschlicherweise, ihm umgerechnet 150.000 Euro gestohlen zu haben. Außerdem habe er ihm Geld für den Ankauf eines Autos geborgt, das er nicht zurückzahlen konnte. Daher sei V. nicht gut auf ihn zu sprechen und schwärze ihn fälschlicherweise an.

Für Staatsanwältin Roswitha Heinrich gibt es hingegen keine Zweifel an der Mittäterschaft des Angeklagten: Neben den belastenden Angaben von Andrea V. sowie einem DNA-Gutachten führte sie Phantombilder an, auf denen Zeugen des Geschehens sowohl Massimiliano F. als auch Michele 'd A. gut getroffen hätten. Diese hätten die Verdächtigen dann auch auf Lichtbildern wieder erkannt.

Außerdem habe Massimiliano F. in Italien einem österreichischen Kriminalbeamten gegenüber die Tat "gebeichtet", jedoch angekündigt, er werde dies aus Furcht um seine Eltern und seine Schwester unter keinen Umständen vor Gericht wiederholen. Die Staatsanwältin meinte weiters, der Mann habe nur nach außen hin in der Reinigungsfirma seiner Mutter gearbeitet. In Wahrheit habe er "mit Drogengeschichten, Drogenhandel und Diebstählen" sein Geld verdient. (APA)