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Nahost-Konflikt
<b>Pressestimmen</B>: Dienst an "gemäßigten" Palästinensern?
"Israels unerbittlicher Kampf gegen die Islamisten steht im Zusammenhang mit dem angekündigten Abzug aus dem Gaza-Streifen"
Frankfurt/Berlin/Zürich - Dass ein demokratischer
Rechtsstaat die gleichen Mittel einsetzen darf wie seine
terroristischen Feinde, verneinen am Montag sämtliche Zeitungen in
Europa nach der Ermordung ("gezielten Tötung") des Hamas-Anführers
Abdelaziz Rantisi durch Israel.***
Die Welt
"Israel hält sich zugute, die einzige Demokratie in der Region zu
sein. Daraus erwachsen rechtsstaatliche Normen und Pflichten. Die
Stärke des Rechtsstaates ist doch gerade, sich nicht der gleichen
Mittel zu bedienen wie seine Gegner. Der Rechtsstaat ist, will er
glaubwürdig sein, einem höheren moralischen und ethischen Anspruch
verpflichtet. Israel muss sich täglich todbringender Angriffe auf
seine Zivilbevölkerung erwehren. Aber es muss dies mit
rechtsstaatlichen Mitteln tun, sonst versinkt das Land in einen
selbstzerstörerischen Strudel der Gewalt."
Frankfurter Allgemeine Zeitung
"Israel hat durch die unmenschlichen, durch nichts zu
rechtfertigenden Selbstmordattentate von palästinensischen Fanatikern
neunhundert Tote zu beklagen. Das ist ein ungeheurer Blutzoll, der
viele fragen lässt: Was sollen wir nur noch machen? Dies fragen sich
allerdings auch viele Palästinenser, die erleben mussten, dass Israel
- auch als 1993 offiziell Frieden geschlossen war - unter allen
Ministerpräsidenten unentwegt seine Siedlungspolitik fortsetzte und
damit Fakten schuf. Zu allem Überfluss hat der amerikanische
Präsident diese Fakten - Großsiedlungen, die Israel 'auf ewig'
behalten will - ohne Not und entgegen der Offenheit des nahöstlichen
Friedensplans, der 'Roadmap', jetzt anerkannt. Das ist für
Palästinenser (und Araber) die unerträgliche Festschreibung einer
illegalen Landnahme."
Financial Times Deutschland
"Mit der 'Liquidierung' des Hamas-Führers Scheich Ahmed Yassin
hatte die israelische Regierung vor knapp einem Monat ihre
vorsätzlichen Tötungen auf eine neue Spitze getrieben. Ungeachtet der
Rechtswidrigkeit dieser Attacken und der massiven internationalen
Proteste hat sie diese Praxis mit dem tödlichen Raketenangriff auf
Abdelaziz Rantisi fortgesetzt - und der Hamas-Führer wird nicht der
letzte Staatsfeind Israels sein, der von der Armee ohne
Gerichtsprozess getötet wird. (...) Zusätzlich bestärkt durch den
Schulterschluss mit US-Präsident Bush, wird die Regierung Sharon die
'Liquidierung' Rantisis als erfolgreichen Schlag gegen den Terror
verbuchen und weitere Tötungen anstreben. Dass auch andere,
militärisch mächtige Nationen vor 'gezielten Tötungen' feindlicher
Führungsleute nicht zurückschrecken, ändert nichts daran, dass die
israelischen Liquidationen mit dem Völkerrecht nicht zu vereinbaren
sind und einen klaren Verstoß gegen die Genfer Konvention bedeuten."
Neue Zürcher Zeitung
"Israels unerbittlicher Kampf gegen die Islamisten steht im
Zusammenhang mit dem angekündigten Abzug aus dem Gaza-Streifen.
Sharon und die Sicherheitskräfte sind sich bewusst, dass die Hamas
unter der Bevölkerung des Gaza-Streifens große Unterstützung
genießt. Israel begann die Kampagne zur 'Säuberung' des
Gaza-Streifens offenbar in der Hoffnung, dass eine führerlose Hamas
nicht die Kapazitäten zur Machtübernahme oder zur Durchführung von
Attentaten haben werde. Die islamistischen Organisationen sollen
durch unablässige Schläge derart geschwächt werden, dass die
palästinensischen Sicherheitskräfte (...) bei der Übernahme der
Kontrolle im Gaza-Streifen ein leichtes Spiel haben werden."
The Guardian
"Die Ermordung Rantisis wird den Zorn in den palästinensischen
gebieten und vielen arabischen und moslemischen Ländern nur steigern
... Welchen Anreiz haben die Palästinenser, über den
'Friedens-Fahrplan' zu sprechen, wenn Abmachungen hinter
verschlossenen Türen gebrochen werden und ihre Führer einer nach dem
anderen abgeknallt werden? (Der israelische Ministerpräsident Ariel)
Sharon und sein Kabinett haben vielleicht den Eindruck, dass die
relativ milde Antwort auf die Tötung von (dem Hamas-Gründer) Scheich
Yassin ... ein Beweis dafür ist, dass ihre Politik funktioniert. Doch
die Hunderttausenden Palästinenser, die gestern auf den Straßen von
Gaza-Stadt demonstrierten, werden die andere Seite ihren Zorn sicher
eines Tages spüren lassen."
Le Soir
"Wir sollten nicht naiv sein. Falls wir ständig auf eigenem Boden
Opfer terroristischer Attentate wären, die unsere Kinder, unsere
Familie bedrohen würden, jedes Mal, wenn sie die U-Bahn oder den Zug
nehmen, so wie vor kurzem in Madrid, würden wir das Recht der
Selbstverteidigung sicherlich anders betrachten. Aber ein
demokratischer Staat muss Entscheidungen treffen, die über die
Terrorakte hinausschauen. Es hat sich im Irak gezeigt, dass es nicht
reicht, in ein Land einzumarschieren, von dem man vermutet, dass es
Terroristen beherbergt, um damit eine einfache Lösung für ein Problem
zu finden, das sehr kompliziert ist und das nicht mit dem Einsatz
bewaffneter Truppen verschwinden wird." (APA/dpa)