Der viel zitierte

rollende Schminkspiegel mit Einparkhilfe ist in Zeiten omnipräsenter weiblicher Emanzipation nicht mehr gefragt - sollte man meinen.

foto: werk

Doch wer sich

in der heimischen Automobilbranche nach den Kriterien für das ideale Auto der Frau von heute erkundigt, wird rasch eines Besseren belehrt: Wirtschaftlich müsse es sein, umweltfreundlich und natürlich praktisch - um nicht zu sagen "handlich".

foto: werk

Nicht zu vergessen: das Design;

Stoffqualität und sogar Farbe der Sitzbezüge werden für die kaufentscheidenden Parameter gehalten. Die Technik ist da zweitrangig. Übertriebenes Interesse für Leistung, Beschleunigung und Bordcomputer überlässt die zielgruppenkonforme Modellfrau nach Vorstellung der Industrie wohl eher dem autokaufenden Mann.

Der sei nämlich,

so erfährt man auf Nachfrage, kurz zusammengefasst ein protzender Idiot mit dem Zwang zur Anhäufung von Phallussymbolen (siehe "Zitiert" am Textende).

foto: werk

"Ja, wir bedienen uns klassischer Klischees.

Weil wir glauben, dass sich jede Frau damit identifizieren kann", sagt Robert Elsenbaumer, Geschäftsführer von Kia Österreich. Sein jüngster Schützling, der Kia Picanto (nicht im Bild), soll eindeutig als "Frauenauto" positioniert werden - nicht zuletzt mit einem ihr vorbehaltenen Preisnachlass soll die weibliche Käuferschicht erobert werden.

foto: werk

Ob sich die als Zielgruppe

definierte Gruppe der jungen, emanzipierten Frauen mit der sinnbildlichen Darstellung einer - zugegebenermaßen signifikanten - Körperpartie (siehe Faksimile) wirklich identifizieren kann, wird sich erst weisen: Ende April sind die ersten Evaluationen geplant, auf Pre-Tests wurde aus Zeitmangel verzichtet, wie die beauftragte Agentur Demner, Merlicek und Bergmann gegenüber dem STANDARD einräumte.

Bereits seit einem Jahr

ist die sechste Generation des Daihatsu Cuore am Markt. Auch hier bedient man sich zu Marketingzwecken althergebrachter Klischees, wie jenem der dauershoppenden Frau.

foto: werk

Das Resultat

ist eine Frauenquote von 80 Prozent unter den Zulassungsbesitzern. Allerdings sind die Absatzzahlen eher lau: Nach 250 verkauften Autos im Zeitraum von April bis Dezember letzten Jahres brachte das Jahr 2004 bisher nur 50 Vertragsabschlüsse.

foto: werk

Was

Daihatsu-Sprecher Josef Erben allerdings nicht auf die Werbestrategie, sondern auf die harten Preiskämpfe im Segment der als frauentauglich geltenden Kleinwagen zurückführt.

foto: werk

Eine gänzlich andere Linie

fährt man bei Porsche Austria, Importeur der VW-Konzernmarken: Sprecher Hermann Becker hält den Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Ansprüchen ans Auto für deutlich geringer als oft kommuniziert, räumt lediglich "unterschiedliche Ausprägungen" ein.

foto: werk

Als Beispiel

erfolgreichen Unisex-Marketings führt er den VW Golf an: Der dient derzeit rund zehn Prozent aller autobesitzenden Österreicherinnen als fahrbarer Untersatz und ist somit ganz ohne frauenspezifische Strategie die häufigste Wahl der Lenkerinnen.

foto: werk

Die Gefahr,

bei so viel Sorge um die holde Weiblichkeit die männliche Kundschaft zu vergraulen, wird in der Branche unterschiedlich eingeschätzt.

foto: werk

Während man

sich beim Frauen-Rabatteur Kia diesbezüglich keine Gedanken macht, ist man bei Mitsubishi vorsichtig: Marketingverantwortliche Verena Hergel will bei der Werbestrategie für den fünftürigen Colt eine allzu deutlich feminine Linie vermeiden: "Schließlich bringen wir bald den Dreitürer auf den Markt, der wohl eher für die Männer interessant ist. Und die wollen wir ja nicht jetzt schon vom Colt-Kauf zurückschrecken lassen."

foto: werk

In der Statistik

tragen all diese Bemühungen um die Damen noch keine Früchte. Laut Eurotax ist die Frauenquote unter den Neuzulassungen nicht angestiegen.

foto: werk

Im Vergleich

zu 1997 fiel der Anteil sogar von 22,9 auf 19,7 Prozent Anfang 2004. Bei den Marktforschern von Fessel-Gfk sieht man den Grund dafür darin, dass in vielen Familien Zweitwägen offiziell auf den Mann zugelassen werden, auch wenn sie für die Frau gekauft wurden.

foto: werk

Eine Möglichkeit,

die Quote zu pushen, könnten Projekte wie jenes von Volvo sein: Das Unternehmen stellte kürzlich die Studie YCC vor, an deren Entwicklung ausschließlich Frauen beteiligt waren.

foto: werk

ZITIERT

Frauen kaufen viel intelligenter als der durchschnittliche Mann.
Josef Erben, Daihatsu Österreich

Männer legen viel mehr Wert auf Alufelgen, Spoiler oder Breitreifen. Ich will nicht sagen "Phallussymbole" - aber Protzerei.
Robert Elsenbauer, Kia Austria

Bei Frauen muss immer alles modisch sein.
Derselbe

foto: werk

ZITIERT

Wenn wir eine zu feminine Schiene fahren, verschrecken wir ja die Männer.
Verena Hergel, Denzel/Mitsubishi

Frauen wollen überhaupt kein Fahrzeug, das als frauentypisch positioniert ist.
Hermann Becker, Porsche Austria

Die einzige Veränderung in den letzten zehn Jahren: Frauen wollen heute auch neunzig PS haben. Aber das ist auch unser einziges Zugeständnis an die moderne Frau.
Friedrich Sommer, Denzel/Mitsubishi

(Angelika Slavik, AUTOMOBIL, 16.4.2004)

foto: werk