Gaza - Schon knapp nach der gezielten Tötung von Scheich Yassin hatte dessen Nachfolger, Abdelazia el Rantisi, klar gemacht, dass die Terrororganisation Hamas ihren bewaffneten Kampf gegen Israel fortsetzen werde - kompromissloser denn je. Und seine ersten Worte nach seiner Ernennung zum Hamas-Chef machten deutlich, dass er dabei weiter auf Gewalt und Selbstmordanschläge setzte: Kein Israeli "werde mehr Sicherheit kennen", drohte der gelernte Kinderarzt. Den militärischen Arm der Hamas, die Ezzedin-el-Kassam-Brigaden, forderte Rantisi auf, Israel eine "Lektion" zu erteilen.

Der radikale Palästinenserführer war im Jahr vor der israelischen Staatsgründung, im Oktober 1947 in der Stadt Yavneh südlich von Tel Aviv geboren worden. Nach Beginn des ersten Nahostkriegs flohen seine Eltern mit ihm in den damals von Ägypten kontrollierten Gazastreifen. Rantisi wuchs dort in dem Flüchtlingslager von Khan Yunis heran.

In den 70er Jahren studierte er in Kairo Medizin und knüpfte dort erste Verbindungen mit der "Moslem-Bruderschaft". Wegen seines politischen Engagements kam er in den 80er Jahren in Konflikt mit den israelischen Behörden: 1982 saß er wegen Steuerhinterziehung drei Wochen im Gefängnis, zwei Jahre später bekam er ein Arbeitsverbot. Im Jahre 1987 war er gemeinsam mit seinem engen Vertrauten Yassin Mitbegründer der Hamas-Organisation. Fünf Jahre später verbannte ihn Israel gemeinsam mit mehr als 400 radikalen Palästinensern in den Libanon.

Nach seiner Rückkehr saß Rantisi mehrmals in israelischer Haft, kam jedoch nach Unterzeichnung der israelisch-palästinensischen Friedensverträge frei. Wegen Aufhetzung gegen den Palästinenserpräsidenten Yasser Arafat wurde er später wiederum von der Autonomiebehörde inhaftiert.

Im vergangenen Juni war Rantisi knapp einem israelischen Raketenangriff in Gaza entkommen. Danach hatte er gedroht: "Wir werden den Kampf fortsetzen, bis auch der letzte Jude alle Teile Palästinas verlassen hat".

Als Stellvertreter des Hamas-Gründers Scheich Ahmed Yassin galt der 56-Jährige schon seit langem als dessen natürlicher Nachfolger. Dennoch herrschte bei der MAchtübernahme nach der gezielten Tötung von Scheich Yassin zunächst Verwirrung. Nach Angaben einer anderen Hamas-Führungspersönlichkeit war Rantisi nur neuer Hamas-Chef im Gaza-Streifen.

In den Palästinensergebieten ist die Hamas (Abkürzung von "Harakat al-Muqawama al-Islamiya"/"Bewegung des islamischen Widerstands") auch dank ihrer karititativen Einrichtungen äußerst populär und macht dem Einfluss der Autonomiebehörde von Yasser Arafat ernsthafte Konkurrenz. (red/APA)