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Mit dem Handy geknipst, im mobilen Weblog veröffentlicht: Aber der Spaß kann auch unerwünschte Folgen haben.

Bild: Apa/obs/Vodafone

Noch hat das Moblog-Fieber das alte Europa nicht so richtig erfasst. Moblogs: Das sind mobile Weblogs, quasi fortlaufendes Tagebuch im Internet, mit Fotos vom Handy gespeist. In den USA schießen Moblogs wie vor ein paar Jahren Weblogs - ihr Vorläufer auf Textbasis - aus dem Boden, und angesichts des rasanten Wachstums der in Umlauf befindlichen Fotohandys ist das erst der Anfang.

"Lifeblog"

Kreative Startups wie Daten, snapnpost.com oder buzznet.com führen die lomoartige Meute an - aber die großen Hersteller und Betreiber, stets auf der Suche nach neuen Umsatzbringern, sind bereits auf dem Sprung, diese Angebot zu popularisieren. Im Sommer startet Nokia sein "Lifeblog", eine Kombination von Moblog und Software für den PC, mit dem die Produktion der Bildchen und kurzen Texte quasi professionalisiert wird.

Virtuelle Communities

Das hat was, muss man beim Anschauen sagen: Schneller und lustiger als jeder Text bilden sich um die Moblogs spontane virtuelle Communities, ganz so wie dies seit mehr als einem Jahrzehnt das Webversprechen ist.

Nebenwirkungen

Aber es gibt auch Nebenwirkungen: Manche Fitnesscenter in den USA haben bereits Verbote für Fotohandys verhängt. Lady Di beim Workout - die Fotohandys wecken den Paparazzo in vielen Besitzern, weil sie unverdächtig sind und meist unentdeckt bleiben. Und ihre Bilder werden immer schärfer, im doppelten Wortsinn. "Sexy girls" ist nur eines von hunderten Moblogs, das von Amateuren mit Softporno gefüttert wird: "Mach ein Bild von deinem sexy girl und schick es uns!"

Die Welt wird zum mittelalterlichen Dorf

Mit den Fotohandys und ihren logischen Internetablegern, den Moblogs, verkleinert sich erneut unsere Privatsphäre. Die Welt wird immer mehr zum mittelalterlichen Dorf: Jeder muss jederzeit damit rechnen, in irgendwelchen Situationen gesehen, geknipst und vorgeführt zu werden. Jetzt ist zwar das Internet ein Heuhaufen und ein kleines Bildchen darin (noch dazu ohne korrekte Beschriftung) nur die Stecknadel. Aber der Zufall wird Regie führen und unerwünschte Bilder werden reichlich Furore machen.

Spielregeln ?

Was werden, abgesehen vom persönlichen Anstand (keine beruhigende Vorstellung), die Spielregeln werden? Kann das "sexy girl" des Tages darauf bestehen, dass ihr Bild schnell wieder entfernt wird? Kann sie es am besten selbst entfernen? Ohne Sittenwächter spielen zu wollen: Vor allem die großen Anbieter in spe sollten dreimal nachdenken, ehe sie ihre Moblog-Sites online schalten.(Der Standard Printausgabe, Rondo, Helmut Spudich)