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Foto: Wonderland

Wien - Arme österreichische Architektur. Angeblich fehlt ihr ganz dringend ein Sigfried Giedion, ein parteiischer Theoretiker also, der in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts die moderne Architektur in eine Heldensaga verwandelt und alle Abweichler mit Ignoranz gestraft hat.

Fehlt wirklich ein Sigfried Giedion? Wolf D. Prix und Laurids Ortner jedenfalls riefen verzweifelt nach einem Chronisten seines Schlags, als sie am vergangenen Samstag ins Architekturzentrum Wien kamen, um durch die Ausstellung "The austrian phenomenon" zu führen.

Ein von den Architekturtagen sichtlich ermüdeter Direktor Dietmar Steiner hatte Mühe, die beiden davon abzuhalten, sich vor dem vollbesetzten Saal zu gebärden wie die beiden Alten aus der Muppets Show.

Über mangelnden Publikumsandrang konnten sich die Architekturtage ohnehin nicht beklagen. In ganz Österreich standen Architekturbüros offen, wurden Führungen und Feste geboten, fanden Workshops für Kinder statt.

Einige Stichproben in Wien ergaben ein sehr durchmischtes Publikum. Zu einer Führung durch die am Burggarten aufgestockten Luxusdachwohnungen waren rund fünfzig Interessierte aller Altersgruppen gekommen und wälzten die Frage, wer wohl der allein stehende Herr sein mag, der dort demnächst sein 520 Quadratmeter großes Heim beziehen wird.

Das Interesse beweist: Wenn es der österreichischen Architektur an etwas mangelt, dann an noch mehr Gelegenheiten, in die Öffentlichkeit zu treten.

Das Programm wurde durch Fahrten nach Bratislava ergänzt, die so überbucht waren, dass eine Fortsetzung wünschenswert wäre.

Wer alles verpasst hat: Bis zum 26. Juni präsentieren sich dort österreichische und slowakische Architekturbüros in der Ausstellung Wonderland ( wonderland.cx ). (DER STANDARD, Printausgabe, 8.6.2004)