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San Daniele

Foto: Archiv

Und dafür wird es von den Österreichern mit Liebe überschüttet

Die Toskana ist ja so schön, einzigartig! Und Ligurien erst oder Positano! Und Rom, ich sage nur: Rom! Unsere Begeisterung kennt keine Grenzen, wenn es um Italien geht. Und überhaupt ekstatisch wird es dann, wenn österreichische Staatsbürger beginnen, über das Friaul zu schwärmen. Klar, ist ja schließlich nahe und leicht erreichbar, außerdem spricht man einen ladinischen Dialekt, der in Italien genauso wenig verstanden wird wie in Österreich. Na und dann war das schließlich einmal unser Stück vom Mittelmeer, und Triest sieht immer noch so aus wie der dritte Bezirk mit Hafen und gutem Espresso. Da ist noch viel nostalgisches Entwicklungspotenzial.

Dazu kommt, dass man im Friaul nicht nur immer noch sehr österreichisch kocht, dass die Schnitzeln und das Gulasch in Gorizia, die Strudeln und Kutteln in Triest legendär sind, sondern dass man darüber hinaus auch wahnsinnig gut kocht. Aber nicht nur das, im Friaul hielten sich dank Randlage und dank karnisch-slowenischer Einflüsse kulinarische Eigenarten, die mittlerweile als touristisches Kapital erkannt wurden.

Der "Fogolâr", zum Beispiel, die nach allen Seiten offene Feuerstelle, urtümlich, aufwändig und in der regionalen Gastronomie zum Glück als Heiligtum verehrt. Bei "Al Parco" in Buttrio etwa, wo mitten im Lokal gegrillt wird, oder bei "da Toso" in Tricesimo, wo man sich der Qual der Wahl am besten dadurch entzieht, indem man das "Gemischte Gegrillte" nimmt. Weitaus bekannter und quasi das Synonym für friulanische Spezialitäten ist der San-Daniele-Schinken. Der Name ging um die Welt, und das führte dazu, dass nicht nur während des Schinkenfestivals "Aria di fiesta" Ende August etwa eine halbe Million Besucher durch die mäßig reizvolle Stadt pilgern, sondern sich auch sonst ganz gut vom Schinkentourismus leben lässt: In nahezu allen der 26 örtlichen "Prosciutterie" kann man das ganze Jahr über verkosten, und die Dichte an Feinkostgeschäften ist generell recht hoch.

Wie anders die Situation in Cormons, wo der charismatische Schinkenproduzent Gigi d'Osvaldo einen zwar weniger bekannten, aber nicht weniger hervorragenden Prosciutto erzeugt, im Gegensatz zum luftgetrockneten San Daniele leicht über Kräutern geräuchert. Und schließlich der komplett unromantische Zugang zum toten Schwein, wie man ihn im unvergleichlichen Buffet Da Pepi in einer schmucklosen Nebengasse in Triest hegt: Die Spezialität dieses einzigartigen Konglomerates aus Resopalplatten, Neonbeleuchtung und Patina ist nämlich der gekochte Schweinskopf, den Maestro Pepi zum richtigen Zeitpunkt mit der langen Gabel aus dem Sudkessel holt, um ihn sodann mit der Schere vom Schädel zu lösen und auf sauren Rüben oder ähnlichem zu servieren. Auch der Rest von Pepis Angebot spielt in dieser Liga, unnötig zu erwähnen, dass "Da Pepi" Kult ist.

Individualität, die sich mittlerweile auszahlt, auch bei den Weinen des Friaul. Denn obgleich Sauvignon blanc, Chardonnay & Co boomten wie überall in Italien, hegte man immer auch noch die unzähligen uralten regionalen Sorten. Den Verduzzo etwa, den fruchtigen Tocai Friulano sowieso, den Ribolla gialla, bei den Roten den wilden Refosco oder den wuchtigen Schioppettino, um nur die bekannteren zu nennen. Und die serviert man im Friaul nicht nur in gestylten Designerkellereien und Weinbars, die trinkt man etwa auf der Straße hinauf nach San Floriano durchaus auch in Weinschänken, die an Bescheidenheit kaum noch zu übertreffen sind. Und dazu gibt's dann wieder irgendeine graue Schlackwurst oder Kutteln oder Schweinskopf mit Bohnen. Man kommt dann recht leicht ins Schwärmen. (floh/Der Standard/rondo/16/04/2004)