Nach dem vereitelten Attentat vor dem Besuch des israelischen Staatspräsidenten Mo^she Katzav herrschte in Ungarn am Mittwoch weiter Rätselraten über die Hintergründe der Polizeiaktionen. Regierung und Polizei übertrafen einander in widersprüchlichen Angaben. Noch Dienstagnachmittag hatte die Polizei erklärt, dass der verhaftete 42-jährige Palästinenser mit ungarischem Pass keinen Anschlag auf Katzav geplant ha 2. Spalte be, sondern auf "ein jüdisches Museum" in Budapest. Verhaftet wurden zudem zwei Syrer, allerdings wegen anderer Delikte. In Verbindung mit den Attentatsplänen wurden sie als Zeugen verhört.

Am Mittwoch wiederum sagte der Chef der Antiterroreinheit der Polizei, György Zsombok, er halte die Frage nach einem Zusammenhang zwischen Katzavs Visite und den Verhaftungen für "absolut logisch" und wolle "auch kein Geheimnis daraus machen", dass es ihn gebe. Dazu sagte der Regierungssprecher Zoltán Gál, der Zusammenhang bestehe insofern, als Katzav die neue Holocaust-Gedenkstätte eröffnen wolle. Dass mit dem "jüdischen Museum", dem das vereitelte Attentat gegolten habe, die Holocaust-Gedenkstätte gemeint war, bestätigte aber niemand offiziell. Die Sicherheitskräfte hätten ihre Wachsamkeit seit den Anschlägen von Madrid verstärkt und seien bereits seit Wochen Hinweisen des ungarischen Geheimdienstes nachgegangen, sagte Gál.

Die Gedenkstätte, die Katzav heute eröffnen will, ist als Startpunkt gedacht für die während des Kommunismus versäumte Aufarbeitung der Judenverfolgung in Ungarn. Nicht alle Vertreter der jüdischen Organisationen sind allerdings glücklich über dieses Monument. Zum einen stört es viele, dass der Gebäudekomplex um eine alte Synagoge herumgebaut wurde, sodass das Holocaust-Thema auf seine religiöse Dimension reduziert werde. Ärger gab es zudem darüber, dass die ursprünglich zur Eröffnung ge- plante ständige Ausstellung nicht fertig wurde.

Das mag auch daran liegen, dass die 2002 abgewählte rechte Regierung Orbán ihre Zustimmung für die Finanzierung erst Ende 2001 gegeben hat. Der Staat hat die Gedenkstätte mit umgerechnet 6,7 Millionen Euro finanziert. Anstelle der ständigen Ausstellung werden nun Reproduktionen aus dem berühmten Auschwitz-Album gezeigt, eine Leihgabe der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem. Die Bilder, fotografiert 1944 von SS-Leuten im KZ Auschwitz, zeigen vor allem jüdische Häftlinge aus Ungarn. Kritisiert wurde daran, dass hierbei nur Opfer gezeigt werden, aber keine Täter.

Unklar blieb zunächst auch der Inhalt der nun ab 2005 geplanten Dauerausstellung. Offen ist, ob nur die Jahre 1938 bis 1945 dokumentiert werden oder ob 1920 als Stichdatum genommen wird, als Ungarns erstes antisemitisches Gesetz in Kraft trat.