Tatsächlich könnte man spekulieren, dass alles, was den USA im Irak Böses widerfährt, Teheran freut, auch aus praktischen Gründen, weil es die US-Lust auf weitere Abenteuer dämpft. Es stimmt auch, dass der Iran die Möglichkeit nützt, die alten religiösen - und politischen - Bande in den Irak wieder zu knüpfen. Die heiligen irakischen Städte sind voll von Pilgern aus dem Iran - wo es ja kaum Stätten von derartiger religiöser Bedeutung gibt -, und dass dort der iranische Geheimdienst präsent ist, ist schon klar.
Die Sache mit Muktada al-Sadr - dessen Anhängerschaft übrigens zum Teil von einem antiiranischen Rassismus geradezu trieft, typisch für das städtische Proletariat - ist aber viel komplexer: Er wurde zwar anfangs von Ayatollah Kazem al-Haeri, der im iranischen Ghom sitzt, jedoch irakischstämmig ist, protegiert. Da besteht eine alte Verbindung: Haeri ist derjenige Marja (schiitische Lehrinstanz), der die Anhänger von Muktadas Vater, Mohammed Sadik al-Sadr, "geerbt" hat. Es heißt aber, dass Haeri durch die Radikalität Muktadas bald ernüchtert war: Dieser hatte im Herbst versucht, die Imam-Hussein-Moschee in Najaf, die unter der Kontrolle von Ayatollah Ali Sistani steht, an sich zu reißen (mit all ihren Einnahmen, da geht es um viel Geld!). Das war seinen iranischen Freunden zu viel: Theologisch zweifelhafte Jungspunde, die die Alten wegräumen wollen, sind ihnen aus guten Gründen nicht geheuer.