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Premier Branko Crvenkovski gilt als Favorit für das Amt des Präsidenten.

Foto: EPA/GEORGI LICOVSKI
Sechs Wochen nach dem tödlichen Flugzeugabsturz des prowestlichen mazedonischen Präsidenten Boris Trajkovski finden am Mittwoch Neuwahlen in der südlichsten früheren jugoslawischen Teilrepublik statt. Die besten Chancen werden dem amtierenden Regierungschef Branko Crvenkovski (41) eingeräumt. Allgemein wird jedoch erwartet, dass der Sozialdemokrat erst im zweiten Wahlgang am 28. April die erforderliche absolute Mehrheit erhält. Bei einer Beteiligung von unter 50 Prozent muss die Wahl wiederholt werden.

Schärfster Konkurrent Crvenkovskis, der zwischen 1992 und 1998 schon einmal an der Spitze der Regierung stand, ist der gleichaltrige Sasko Kedev von der nationalistischen Partei VMRO-DPMNE. Beide Kandidaten streben sowohl die Nato- als auch die EU-Mitgliedschaft des zwei Millionen Einwohner zählenden Landes an.

Kleinkrieg

Um das Präsidentenamt bewerben sich darüber hinaus zwei Angehörige der auf ein Viertel geschätzten albanischen Bevölkerungsminderheit, die während des Kleinkrieges zwischen Regierungstruppen und der Nationalen Befreiungsarmee (UCK) vor drei Jahren aufseiten der Aufständischen kämpften. Gezim Ostreni (62) schloss sich nach Abschluss des Friedensvertrages von Ohrid im August 2001 der Demokratischen Union für Integration (DUI) an, die zur Zeit gemeinsam mit den Sozialdemokraten Crvenkovskis die Regierung in Skopje stellt.

Zidi Xhelili hingegen gehört der oppositionellen Albanischen Demokratischen Partei (DPA) an, die scharfe Kritik an der mangelnden Umsetzung der Bestimmungen des Ohrid-Abkommens übt. "Der Staat sollte beweisen, dass er für Multiethnizität eintritt, und ein zweisprachiges System einführen", forderte er zu Wochenbeginn.

Vertrag

Der vom Außenpolitischen Koordinator der EU, Javier Solana, maßgeblich mitgestaltete Vertrag von Ohrid sieht unter anderem vor, dass Albanisch in Gebieten mit mehr als 20 Prozent albanischem Bevölkerungsanteil als offizielle Zweitsprache anerkannt wird. Diplomaten in Skopje fürchten, dass mit dem wahrscheinlichen Wechsel Crvenkovskis ins Präsidentenamt wichtige parlamentarische Entscheidungen zur Dezentralisierung der staatlichen Strukturen verzögert werden könnten. Diese Reformen gelten gemäß dem Ohrid-Abkommen als Voraussetzung zur Durchführung der Kommunalwahlen im Herbst.

Sorgen bereitet außerdem die angespannte Wirtschaftslage: Die Arbeitslosigkeit liegt bereits heute bei über 30 Prozent, und angesichts mangelnder ausländischer Investitionen scheint eine Besserung nicht in Sicht. Große Hoffnungen werden deshalb an einen EU-Beitritt geknüpft. Den Aufnahmeantrag stellte Premier Crvenkovski Ende März.

Crvenkovski laut Umfragen in Führung

Die Präsidentenwahl ist in den ersten Morgenstunden ruhig und bei guter Wahlbeteiligung verlaufen. Wegen des Wahltermins wurde der Mittwoch zu einem arbeitsfreien Tag erklärt. Laut Meinungsumfragen liegt der derzeitige Ministerpräsident Branko Crvenkovski mit 27,8 Prozent der Stimmen in Führung, gefolgt vom Kandidaten der größten slawischen Oppositionspartei, VMRO-DPMNE, Sasko Kedev, der in Umfragen 23,4 Prozent der Stimmen erhielt. Die beiden Präsidentschaftskandidaten der albanischen Volksgemeinschaft, Gezim Ostreni, von der regierenden Demokratischen Union für Integration (DUI) und der Partei für Demokratische Prosperität (PDP), und Zudi Xhelili von der Demokratischen Partei der Albaner (DPA), bleiben mit jeweils 14 und 4,1 Prozent der Stimmen weiter zurück. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.4.2004/red)