Jetzt könnte der Zeitpunkt gekommen sein, die US-Geheimdienste "zu modernisieren und zu verbessern", hat George W. Bush am Montag den Amerikanern erklärt. Die einstweilen noch recht vage Ankündigung kam am Tag vor weiteren öffentlichen Hearings vor der 9/11-Untersuchungskommission, bei denen die Justizminister der Regierungen Clinton und Bush, Janet Reno und John Ashcroft, sowie die FBI-Direktoren Louis Freeh und Robert Mueller aussagen sollten.

Für manche Beobachter stellt sich die Frage, ob Bush im Wahljahr 2004 mit seinen Plänen den voraussichtlichen Empfehlungen der Kommission zuvorkommen will, da er sich bis jetzt gegen eine Reihe von weit reichenden Vorschlägen zur Reorganisation der Geheimdienste gewehrt hatte. Außerdem hat er erklärt, er sehe dem Abschlussbericht der Kommission mit Interesse entgegen. Auch hier hat anscheinend ein Gesinnungswechsel stattgefunden, da sich Bush zunächst lange gegen diese Kommission gestemmt hatte und erst im November 2002 einer entsprechenden Forderung der Familien der 9/11-Opfer nachgab.

Bush wird seit langem vorgeworfen, er habe die Arbeit der Kommission nicht gefördert; allerdings ist das Weiße Haus bisher noch jedem Wunsch der Kommission, wenn auch äußerst zögerlich, nachgekommen. So sagte die Nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice öffentlich aus, und das umstrittene Memorandum vom 6. August 2001, welches Bush über die Bedrohungen durch die Al-Kaida informierte, wurde freigegeben. Bush verteidigte sich noch einmal gegen die Kritik, im Sommer 2001 keine ausreichenden Antiterrormaßnahmen gesetzt zu haben. Nichts habe auf eine "unmittelbar bevorstehende Attacke" hingewiesen.

Die Errichtung eines inneramerikanischen Geheimdienstes – der durch die Erweiterung der Befugnisse von CIA und FBI entstehen könnte und nach dem Muster des MI-5 in Großbritannien funktionieren sollte – wird seit längerem diskutiert, stieß jedoch bisher auf Widerstand. Gerüchten zufolge soll auch Condoleezza Rice, mit der Bush diese Pläne diskutiert, diesen Vorschlägen sehr skeptisch gegenüberstehen.

Einer jüngsten Newsweek- Umfrage zufolge steht der voraussichtliche demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry sieben Prozentpunkte vor Bush: Fänden die Wahlen heute statt, würde Kerry Bush mit 50 zu 43 Prozent besiegen. Nahezu 60 Prozent sind mit der Richtung, in die das Land geführt wird, unzufrieden. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.4.2004)