Graz – "Der ganze Ort steht unter Schock", sagt Siegfried Schrittwieser, Bürgermeister von Thörl. Sonntagfrüh raste ein 19-Jähriger mit seinem Auto in eine Musikergruppe am Straßenrand. Franz Rappold, Vizebürgermeister der obersteirischen Gemeinde, war sofort tot. Am Ostermontag erlag ein weiteres Unfallopfer, der 44 Jahre Musiker Wolfgang B., auf der neurochirurgischen Station des Grazer LKH seinen Verletzungen.

Tote und schwer Veretzte

Insgesamt wurden bei dem Crash um 4.50 Uhr neun Menschen getötet oder zum Teil schwerst verletzt. Der Unglückslenker befand sich mit seinem 18 Jahre alten Beifahrer auf dem Heimweg von einem Lokalbesuch oder von einem Osterfeuer. Er raste von hinten in die Musikergruppe hinein, die auf der B 20, der Mariazeller Bundesstraße, durch den Ort marschierte: Der Thörler Musikverein hatte zum traditionellen "Osterweckruf" aufspielen wollen.

Musikerchef Rappold war sofort tot, sechs weitere Musiker der 25-köpfigen Kapelle wurden schwer verletzt. Auch der Pkw-Lenker erlitt schwere Verletzungen, sein Beifahrer aus Thörl wurde leicht verletzt.

Familien in psychologischer Betreuung

Die Familien aller Opfer befänden sich in psychologischer Betreuung, berichtete Schrittwieser am Montag: Der Bürgermeister, der bis Jänner Chef des SP-Klubs im steirischen Landtag war und immer noch Abgeordneter ist, hat sein Amt erst im Jänner angetreten. Auch sein Vize Rappold übernahm damals den Posten des stellvertretenden Ortschefs. "Rappold war verlässlich, fleißig und ist ständig bei den Leuten gewesen", so Schrittwieser.

Die Stimmung im Ort sei nicht gut, so der Bürgermeister. Die Menschen seien größtenteils zu Hause. Der Ostergottesdienst am Vormittag sei bereits ganz im Zeichen der Gedanken an die Opfer des Unglücks gestanden. Am Dienstag solle es einen Gebetsgottesdienst am Abend geben, außerdem werde ein Doppelbegräbnis in Erwägung gezogen – wann, könne noch nicht gesagt werden.

Unfalllenker stark alkoholisiert

Der 19-Jährige Unglückslenker von Thörl, der bei seiner Fahrt durch den obersteirischen Ort einen Unfall mit zwei Toten und sechs Verletzten ausgelöst hatte, war nach Angaben der Staatsanwaltschaft Leoben stark alkoholisiert. Durch die Rückrechnung des gerichtsmedizinischen Institutes liege die Alkoholisierung zwischen 2,5 und 2,8 Promille, so Thomas Mühlbacher von der Staatsanwaltschaft Leoben.

Haftantrag gebe es keinen, da weder Flucht-, noch Verdunkelungs- oder Tatwiederholungsgefahr bestünden. Der Unglückslenker befand sich, weil selbst schwer verletzt, noch im Krankenhaus.

DNA-Analyse angeordnet

Laut Thomas Mühlbacher von der Staatsanwaltschaft Leoben werde noch eine DNA-Analyse auf Fahrerseite des Unglücksautos durchgeführt, um fest zu stellen, ob der 19-Jährige den Wagen gelenkt hat, oder sein 17 Jahre alter Beifahrer, der bei dem Unglück leicht verletzt wurde. Allerdings deuteten das Blut auf der Fahrerseite sowie der Nasenbeinbruch des 19-Jährigen darauf hin, dass er der Lenker gewesen sei, so Mühlbacher.

Angeklagt werden dürfte der junge Mann wegen "fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Umständen". Der junge Mann besitzt keinen Führerschein.

Bezüglich des Autos, mit dem die beiden Burschen am Morgen des Ostersonntag in die 25-köpfige Musikkapelle in Thörl gerast waren, war noch unklar, auf wen die Zulassung lautet. Beim Bezirksgendarmeriekommando Bruck an der Mur gab man sich noch bedeckt. (DER STANDARD/Printausgabe, 13.4.2004/APA)