Paris - In Frankreich hat sich die Mehrheitspartei UMP von Präsident Jacques Chirac klar gegen einen EU-Beitritt der Türkei ausgesprochen. Ein derartiger Schritt würde die Europäische Union "entstellen", sagte Parteichef Alain Juppe am Mittwochabend vor Journalisten in Paris. Die UMP-Spitze sei dagegen, zum Jahresende Beitrittsdiskussionen mit der Türkei aufzunehmen. Der Türkei solle vielmehr eine "privilegierte Partnerschaft" vorgeschlagen werden, ebenso wie den Maghreb-Staaten "und den Ländern im Süden des alten Sowjet-Blocks", sagte der Chirac-Vertraute.

Die Türkei ist seit 1999 Anwärterin auf einen EU-Beitritt. Chirac hatte sich dazu zuletzt zurückhaltend geäußert. Nach einem Treffen mit dem deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in Paris sagte er lediglich, es solle der bis Jahresende erwartete Bericht der EU-Kommission berücksichtigt werden. EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen hatte zuvor gesagt, wenn dieser Bericht positiv ausfalle, würden die Verhandlungen unverzüglich, "das heißt, im Frühjahr 2005", beginnen. Ankara müsse jedoch an der Verbesserung der Menschenrechtslage arbeiten.

Barnier: "Auf mittlere Sicht" kein Beitritt

Der neue französische Außenminister Michel Barnier, der ebenfalls zur UMP-Führung zählt, sagte, ein Beitritt der Türkei komme "nicht auf mittlere oder kurze Sicht in Frage".

Juppe sagte, der Türkei solle statt einer Mitgliedschaft eine "privilegierte Partnerschaft" mit der EU vorgeschlagen werden, ebenso wie den Maghreb-Staaten "und den Ländern im Süden des alten Sowjet-Blocks". Unter Verweis vor allem auf die Türkei sagte er, die der EU "nahen Länder" sollten dieser nicht beitreten, "um sie nicht zu entstellen". Der bisherige EU-Kommissar Barnier sagte in der Fragestunde der Pariser Nationalversammlung, die Türkei müsse vor einem Beitritt Vorgaben unter anderem zu den Menschenrechten einhalten, die sie bislang nicht erfülle.

Sozialisten für Beitritt

Frankreichs Sozialisten befürworten einen EU-Beitritt der Türkei. "Ich glaube, dass man nicht nein sagen kann zur Türkei", sagte die neu gewählte Präsidentin der Region Poitou-Charentes, Segolene Royal (PS), am Mittwochabend im Hörfunk "France Inter". Kurz zuvor hatte sich die konservative Mehrheitspartei UMP von Präsident Jacques Chirac gegen einen Beitritt Ankaras ausgesprochen.

"Wenn man an die Werte glaubt, die man verteidigt, so hat man stets Interesse daran, in unsere Richtung anzuziehen anstatt nach außen abzuschieben", betonte Segolene Royal. Die ehemalige Familienministerin räumte allerdings, dass mit dem Beitritt der Türkei "ein gewisse Anzahl von Problemen" verbunden seien, und dass es vielleicht "eine gewisse Anzahl von Etappen" brauche. Die Türkei ist seit 1999 Anwärterin auf einen EU-Beitritt.

"Die Türken stehen auf jeden Fall den Griechen sehr nahe. Warum sollte man dann die Griechen nehmen und nicht die Türken", fügte die Sozialistin hinzu. Im selben Radiointerview sprach sich Segolene Royal auch für die zukünftige europäische Verfassung aus und forderte die Abhaltung einer Volksabstimmung zu dem Thema.

(APA)