Wien - Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach (F) hat zum Abschluss der dreitägigen Transit-Blockaden am Mittwoch eine Ausdehnung der Lkw-Maut auf das gesamte heimische Straßennetz nicht ausgeschlossen.

"Das muss sicherlich das Fernziel sein", sagte Gorbach im Gespräch mit der APA. In der Schweiz habe die flächendeckende Maut eine merkliche Reduktion des Lkw-Verkehrs bewirkt. Daher habe er dieses Modell auch "im Hinterkopf".

Eine Ausdehnung der Maut wäre jedoch "eine gravierende verkehrspolitische Maßnahme", die noch auf breiter Basis und unter Einbindung der Länder diskutiert werden müsste. Einen "Solo-Gang" werde er in der Frage nicht wagen, sagte Gorbach.

EU-Vorgaben müssten geändert werden

Damit Österreich tatsächlich das gesamte Straßennetz bemauten könnte, müssten auch noch die entsprechenden EU-Vorgaben geändert werden. Zuletzt haben die Verhandlungen über eine EU-Mautrichtlinie (Wegekostenrichtlinie) gestockt.

Nach dem außerordentlichen Verkehrsministerrat gestern, Dienstag, in Dublin ortet Gorbach wieder das Bemühen, "die Verhandlungen doch noch vor der EU-Erweiterung am 1. Mai zu einem Abschluss zu bringen, weil es nach sicher nicht einfacher wird einen Kompromiss zu finden".

Gorbach schließt auch eine Sondersitzung noch in diesem Monat nicht aus, weil es hier "nicht nur um eine Frage der Handlungsfähigkeit der EU gehe, sondern weil die EU mit der neuen Wegekostenrichtlinie auch in Verzug" sei, meint der Vizekanzler.

"Belastungsgrenze bereits überschritten"

Er habe in Brüssel bereits deponiert, dass mit dem gegenwärtigen Transitaufkommen in Österreich "eine Belastungsgrenze nicht erreicht, sondern bereits überschritten" worden sei. "Wenn nicht irgendwas passiert", sei in Zukunft sei mit weiteren Protesten zu rechnen.

In den anderen EU-Partnerländern sei der Unmut registriert worden. Er orte zumindest "mehr Verständnis". EU-Verkehrskommissarin Loyola de Palacio habe in Dublin dezidiert erwähnt, dass Österreich eine Lösung brauche. Auch die irische Präsidentschaft sei "sehr bemüht", sagt Gorbach.

Höhere Maut in sensiblen Zonen

Neben der Möglichkeit zur Ausdehnung der Maut auf das niedrigrangige Straßennetz erhofft sich Österreich von der Richtlinie vor allem die Möglichkeit zur Einhebung von höheren Mauten in den sensiblen Zonen (vor allem am Brenner), mit denen der Schienenausbau querfinanziert werden soll.

Ziel sei ein Mautzuschlag von 50 Prozent, wenn bei der Berechnung der Basismaut auch stärker externe Kosten (Umwelt, Stau- und Unfallkosten) berücksichtigt werden könnten, sei aber auch ein 25-Prozent-Zuschlag akzeptabel.

Berechnung der Baukosten strittig

Strittig war zuletzt auch, inwieweit die Baukosten bei der Mautberechnung berücksichtigt werden dürfen. Österreich geht derzeit bei seinem Durchschnittsmautsatz von 22 Cent je Kilometer vom Wiederbeschaffungswert des Autobahnnetzes aus.

Das EU-Parlament will künftig nur noch die Berücksichtigung noch nicht amortisierter Kosten erlauben. Die EU-Kommission will nur die Einrechnung jener Baukosten zulassen, die weniger als 15 Jahre zurückliegen. Für Österreich würde dies eine deutliche Senkung der Maut bedeuten.

Laut Gorbach sieht der Kompromissvorschlag nun aber vor, dass die österreichische Autobahngesellschaft Asfinag als Konzessionär betrachtet wird. Damit würden diese Mautberechnungsregeln für Österreich nicht gelten.

Verhandlungen laufen schlecht

Derzeit steht es in den Verhandlungen in Brüssel jedoch schlecht. Nach dem derzeitigen Stand wären zwar erhöhte Mauten in sensiblen Zonen möglich, die durchschnittliche Maut - derzeit 22 Cent je Kilometer - müsste jedoch erheblich gesenkt werden.

Dagegen kommt auch Widerstand aus anderen Ländern. Mit einer Einigung noch vor der EU-Erweiterung ist nicht mehr zu rechnen. Beobachter in Brüssel meinen, dass die neue Richtlinie überhaupt erst 2006 kommen könnte. (APA)