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Poster mit der Aufschrift: "I`m watching you!"

Foto: APA/ EPA/Drago Vejnovic
Sarajewo/Belgrad - Der seit neun Jahren flüchtige mutmaßliche Kriegsverbrecher Radovan Karadzic ist nach einem Zeitungsbericht in der vergangenen Woche in Bosnien-Herzegowina nur ganz knapp seiner Festnahme entgangen. Der Militärgeheimdienst der bosnischen Serben habe vorab von dem geplanten Zugriff der internationalen Friedenstruppe SFOR erfahren und den ehemaligen bosnisch-serbischen Präsidenten in Sicherheit gebracht, berichtete die Zeitung "Dnevni avaz" am Mittwoch in Sarajewo.

Der vom UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag Angeklagte sei wenige Stunden vor der Militäraktion mit einem gepanzerten Fahrzeug aus dem Haus eines orthodoxen Geistlichen in Pale bei Sarajewo in das Gebiet der Stadt Zvornik gebracht worden, berichtete die Zeitung. "Serbische Geistliche verbergen keine Kriegsverbrecher", betonte dagegen der Patriarch der serbisch-orthodoxen Kirche, Pavle, in einem am Mittwoch in Belgrad veröffentlichten Brief.

"Karadzic oder Europa"

Eine Spezialeinheit der SFOR hatte am vergangenen Donnerstag die Wohnung eines Geistlichen in Pale gestürmt, weil sie dort Karadzic vermutete. Der Priester und sein Sohn waren dabei schwer verletzt worden. In der serbischen Öffentlichkeit gab es Spekulationen, der tief gläubige Karadzic genieße den Schutz der orthodoxen Kirche.

Die SFOR sucht nach der gescheiterten Verhaftung weiter nach Karadzic. "Bosnien-Herzegowina steht vor einer einfachen Wahl: Karadzic oder Europa", wurde SFOR-Sprecher Dave Sullivan am Mittwoch von Zeitungen zitiert. Der internationale Bosnien-Beauftragte Paddy Ashdown hatte vor wenigen Tagen die weitere Finanzierung der regierenden Karadzic-Partei SDS (Serbische Demokratische Partei) aus dem Staatshaushalt verboten, weil sie ihren ehemaligen Vorsitzenden weiter unterstütze und vor der Verhaftung schütze.

Serbisch-orthodoxer Patriarch: Zwei Priester von SFOR "fast zu Tode geprügelt"

Der serbisch-orthodoxe Patriarch Pavle hat den von der NATO geführten SFOR-Truppen in Bosnien-Herzegowina vorgeworfen, zwei Priester in Pale vergangene Woche "fast zu Tode geprügelt" zu haben. Die Priester Jeremija Starovlah und sein Sohn Aleksandar wurden lebensgefährlich verletzt, als SFOR-Soldaten bei der Fahndung nach mutmaßlichen Kriegsverbrechern, allen voran dem früheren bosnisch-serbischen Präsidenten Radovan Karadzic, ihre Wohnung gewaltsam durchsuchten.

In einem offenen Schreiben des Patriarchen an den SFOR-Kommandanten General Virgil Packett heißt es, dass die beiden Priester zunächst durch die Sprengung der Wohnungstür verletzt worden seien. Danach sollen sie von den SFOR-Soldaten mit Gewehrkolben verprügelt worden sein. "Kurz gesagt: Sie wurden fast zu Tode geprügelt."

Zuflucht für Karadzic?

Die serbisch-orthodoxe Kirche wurde in den vergangenen Jahren wiederholt beschuldigt, Karadzic zeitweise Zuflucht in ihren Klöstern zu bieten. Das Oberhaupt der serbisch-orthodoxen Kirche betonte im Schreiben, dass wegen Kriegsverbrechen angeklagte Personen von serbischen Priester nicht versteckt werden. (APA/dpa)