Speed kills. Manchmal geht's blitzschnell. Am Samstag, um 15 Uhr, als er zur Aufzeichnung des TV-Interviews im steirischen ORF-Landesstudie eintraf, war er bester Dinge. Kämpfen werde er und er sei nicht bereit, seinem Gegner das Feld zu überlassen.

Eine halbe Stunde nachdem das Gespräch abgedreht war, kurz nach 17 Uhr, entschloss sich der in der Affäre um den steirischen Energiekonzern Estag politisch und medial unter Druck geratene steirische Finanzlandesrat Herbert Paierl zum freiwilligen Rücktritt. So wurde es der Parteispitze samt Obleuten der Bünde und Landesräten in einer kurzfristig einberufenen Sitzung Samstagabend mitgeteilt. Von Paierl selbst, nach einem vorher geführten Vieraugengespräch mit Landeshauptfrau Waltraud Klasnic.

"In einiger Zeit", wenn der Untersuchungsausschuss des Landes Klarheit in der "Causa Estag" geschaffen habe, werde Paierl sein Amt zurücklegen. Bis dahin werde er "mithelfen, alles aufzuklären", formulierte Klasnic am Palmsonntag den Willen ihres Parteifreundes. Herbert Paierl war nicht zur Pressekonferenz geladen. Daher interpretierte die Parteichefin die näheren Rücktrittsmotive Paierls. Er habe "ein Opfer bringen" und der Partei eine weitere Auseinandersetzung ersparen wollen. Die Partei solle "von der Situation befreit werden", zwischen ihm und dem aus der Politik geschiedenen, in die Estag gewechselten und von dort gefeuerten Gerhard Hirschmann zu wählen.

Neuwahldrohung

Klasnic hofft, dass nun Ruhe in ihre Partei, die sich in ihrer bisher schwersten Krise befindet, einkehrt. Klasnic: "Der Partei geht es nicht gut, aber manche Fragen werden jetzt nicht mehr gestellt."

Manche neue werden aber auftauchen. So etwa jene nach der politischen Gesamtverantwortung für die - auch vom Rechnungshof kritisierte - Affäre um hohe Vorstandsgehälter, fehlendes Controlling, fragwürdige Beteiligungen und mögliche Freunderlwirtschaft im Landesunternehmen. SPÖ-Klubchef Walter Kröpfl hat bereits den Finger auf der offenen Wunde. Kröpfl zum STANDARD: "Klasnic ist noch lange nicht aus dem Schneider. Mit Paierl ist zwar ein Bauernopfer geliefert, damit ist das Problem aber noch nicht gelöst. Jetzt stellt sich die Frage, wer die Letztverantwortung für alles trägt." Und auch einen Rückzug Paierls "auf Raten", wie von Klasnic angekündigt, "wird es nicht geben". Kröpfl: "Wir werden demnächst sofort einen Misstrauensantrag gegen Paierl stellen. Er ist ja quasi handlungsunfähig." Und am Ende des Tages könnte auch, sollte nicht alles restlos geklärt werden, ein Neuwahlantrag der SPÖ stehen, so Kröpfl.

Die österliche Opferung Paierls dürfte Klasnic nur eine kurze Erleichterung verschafft haben. Es droht viel stärkere Unbill. Nun ist zwar der mediale und innerparteiliche Flügel um Hirschmann befriedigt, die Wirtschaft um Paierl aber ist alarmiert und irritiert: Wirtschaftsbundpräsident Peter Mühlbacher zum STANDARD: "Das wäre in keinem Fall mein Weg gewesen. Mir tut es furchtbar Leid um Paierl. Was da jetzt passiert ist, das ist für die Wirtschaft nicht nachvollziehbar." Nun hätten "die Zerstörer" in der ÖVP "viel Freiraum gewonnen", glaubt Mühlbacher, der mit harten Auseinandersetzungen in seiner Partei rechnet.

Sehr besorgt zeigt sich auch VP-Landesgeschäftsführer Andreas Schnider. Er warnt die vermeintlichen "Siegergruppen" in der Partei vor allzu großer Euphorie: "Wenn jetzt jemand glaubt, er hat durch den Rücktritt Herbert Paierls an Terrain gewonnen, sag ich klipp und klar: Njet. Mit mir nicht." (Walter Müller, DER STANDARD, Printausgabe, 5.4.2004)