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Die Caritas schließt die Pforten: "Wir haben absolut keine Unterkunftsplätze"

foto: apa/schlager
Wien - Die Caritas Wien nimmt - wie angekündigt - seit heute, Montag, keine Asylwerber mehr auf. Es gebe einfach keine Unterbringungsmöglichkeiten, meinte Sprecher Peter Wesely auf Anfrage der APA. Daher schickt die Caritas die Flüchtlinge - ausgestattet mit einem Lageplan - zu drei Stellen des Innenministeriums. Dieses möge entsprechend der Zuständigkeit für entsprechende Unterkünfte sorgen, argumentiert Wesely. Bis zum Vormittag wurden 30 Asylwerber von der Caritas abgewiesen. Das Innenministerium zeigte sich "mehr als verwundert".

Grundsätzlich geht es um die Quartiervermittlung der Caritas im 9. Wiener Gemeindebezirk, die mit dem heutigen Tag ihre Tore geschlossen hat. Lediglich die Rechtsberatung wurde aufrecht erhalten. Flüchtlinge, die auf der Suche nach einer Unterkunft sind, werden mit einem Schild darauf hingewiesen, dass es keine Plätze mehr gibt.

Die Asylwerber erhalten zur Unterstützung zwei Wegpläne, wie sie entweder zum Innenministerium in der Herrengasse, der Flüchtlingsabteilung in der Bräuner Straße oder zum Bundesasylamt in der Landstraßer Hauptstraße gelangen. Die vorhandenen Plätze der Caritas für 700 Menschen seien jedenfalls erschöpft. Am Dienstag wird auch die Notschlafstelle im 8. Bezirk geschlossen. Aus Sicht Weselys ist die Situation nicht mehr verantwortbar. Die Caritas sehe nicht ein, dass ihre Mitarbeiter für Versäumnisse der Republik die Köpfe hinhalten müssten.

Im Innenministerium zeigte man sich auf Anfrage der APA "mehr als verwundert, dass die Caritas Flüchtlinge vor die Tür setzt". Das Ressort konzentriere sich währenddessen auf die Quartiersuche. Tatsache sei aber, dass derzeit die Kapazitäten in der Bundesbetreuung erschöpft seien.

Als Erstes will man nun feststellen, ob jene Flüchtlinge, die sich melden, einen Anspruch auf Bundesbetreuung besitzen. Wenn das der Fall sei, komme es zu einer Vormerkung, und die Betroffenen würden beim Freiwerden von Kapazitäten aufgenommen. Zudem würden die Namen der Asylwerber den Ländern weitergeleitet, die ja ab 1. Mai für die Grundversorgung (mit)zuständig seien. Daher gehe man davon aus, dass sie jetzt schon entsprechende Quartiere zur Verfügung hätten. Seien diese vorhanden, übernehme selbstverständlich der Bund die Kosten.

Grüne werfen Strasser Desinteresse und Ignoranz vor

"Desinteresse und Ignoranz" wirft die Grüne Menschenrechtssprecherin Terezija Stoisits Innenminister Ernst Strasser (V) angesichts der Situation im Asylbereich vor. "Mit der heutigen, wegen Überschreitung der Kapazitäten verfügten Einstellung der Quartiervermittlung der Caritas für AsylwerberInnen steht BM Strasser einmal mehr vor den Trümmern seiner Asylpolitik", meinte sie in einer Aussendung.

Strasser habe bis heute keine Anstrengung unternommen, sich mit Gemeindebund und Landeshauptleuten zusammenzusetzen, um bleibende Lösungen für das Unterbringungsproblem zu finden. Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz und andere Betreuungs-NGOs hätten seit der Einigung mit Strasser vor Weihnachten ihr Möglichstes getan, um Obdachlosigkeit von Asylwerbern zu verhindern. Neben ein paar wenigen neuen Unterbringungsplätzen habe Strasser aber nur den Ball den Gemeinden zugespielt und die Bürgermeister mit der Entscheidung allein gelassen.

Seit Wochen werde vor wieder ansteigender Obdachlosigkeit gewarnt, Strasser bleibe jedoch bei seiner Haltung, nur mit Zustimmung der Bürgermeister Asylwerber unterzubringen - was vielerorts an der Angst vor weiteren Massenquartieren a la Traiskirchen scheitere. Ein weiteres Zeichen für Strassers Desinteresse und Ignoranz sei die - nach Aussagen der in Traiskirchen tätigen Mediziner - katastrophale medizinische Versorgung der Asylwerber.

ÖVP: Verhalten der Caritas "verwunderlich"

Als "verwunderlich" bezeichnete ÖVP-Menschenrechtssprecher Matthias Ellmauer am Montag sowohl der Verhalten der Caritas als auch die Kritik der Grünen am Innenminister. "Während die Caritas Flüchtlinge vor die Tür setzt, konzentriert sich das Innenministerium auf die Quartiersuche", meinte er in einer Aussendung. Ellmauer appellierte an die Länder - die ab dem 1. Mai für die Unterbringung von Asylwerbern zuständig sind - bereits jetzt, drei Wochen vorher, Quartiere zur Verfügung zu stellen.

Dafür würde der Bund "selbstverständlich" die Kosten übernehmen. Fakt sei, dass die Kapazitäten erschöpft seien. Die Zahl der in Bundesbetreuung befindlichen Asylwerber habe sich seit 2000 mehr als verdreifacht.

Wenig hilfreich nannte Ellmauer die "vollmundigen Anschuldigungen" der Grünen Terezija Stoisits. Gemeinsames Ziel aller müsse sein, für alle Asylwerber ein "Dach über dem Kopf" zu finden, und nicht "Schuldzuweisungen" zu verteilen.

Landau: "Hier ruft der Räuber: Haltet den Dieb"

Die Caritas hat die Kritik des Innenministeriums bezüglich des Aufnahmestopps für Asylwerber in den Einrichtungen der Hilfsorganisation zurückgewiesen: "Hier ruft der Räuber: Haltet den Dieb", meinte der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau. Es sei am Innenministerium und nicht an der Caritas, für Quartiere zu sorgen. (APA)