Das wäre tatsächlich ein Hammer: Der Mann, dessentwegen die Slowakei beinahe die erste Osterweiterungsrunde der EU verpasst hätte, wird zwei Wochen vor Beitritt des Landes zur Union zum neuen Staatspräsidenten gewählt. Ebenjener Vladimír Meciar, der nach den beiden letzten Parlamentswahlen den Kitt für fragile, aber klar proeuropäische Koalitionen bildete. Und der es mit seinem neuerlichen Comeback schaffen könnte, die gegenwärtige Regierung in Bratislava zu sprengen.

Damit erlaubt sich die Geschichte gleich einen doppelten Scherz: Denn dass er in der Stichwahl am 17. April ausgerechnet auf seinen einstigen Weggefährten Ivan Gasparovic treffen würde, hätte sich der dreifache Expremier noch bis vor kurzem kaum träumen lassen. Gasparovic, von 1992 bis 1998 Parlamentspräsident, brach dann mit seinem einstigen Gönner, dem er Despotismus vorwarf, was zumindest innerhalb der Meciar-Partei etwas Neues war.

Mit seiner eigenen neuen Partei scheiterte Gasparovic bei den Parlamentswahlen 2002. Jetzt sorgt er mit Unterstützung der größten Oppositionspartei, der linken "Smer", dafür, dass die Slowaken erneut müssen, was viele von ihnen nie mehr wollten: sich für das kleinere Übel entscheiden.

Dabei beteuert der ehemalige Boxer und Anwalt, einstige Jungkommunist und spätere Beinahe-Dissident, dass er ganz gewiss nicht mehr das größere Übel sei. Mit seinen 61 Jahren gibt sich Meciar als geläuterter Demokrat und überzeugter Europäer. An vieles möchte er da verständlicherweise nicht mehr erinnert werden. Zwar wirft ihm kaum noch jemand vor, dass er 1992 als Premier mit seinem Prager Kollegen, dem jetzigen tschechischen Präsidenten Václav Klaus, die Teilung der Tschechoslowakei aushandelte - mehr als Getriebener denn im vollen Bewusstsein dessen, was er tat. (Das wäre die dritte historische Ironie: Wenn sich ein Präsident Meciar wieder auf gleich mit seinem damaligen Pendant fände.)

Aber es gab ja auch anderes. Etwa ein verfassungswidriges Referendum über eine Nato-Mitgliedschaft mit klar antiwestlicher Tendenz. Ständige Schikanen und Druck gegen unabhängige Medien. Oder bis heute ungeklärte Machenschaften des Geheimdienstes unter Meciars engem Vertrauten Ivan Lexa, darunter die Entführung des Präsidentensohnes Michal Kovác jun. nach Österreich. Und es gab jede Menge anderer Skandale, Affären, Gerüchte um Frauengeschichten und Krankheiten.

Das alles konnte dem begabten Volkstribunen - er ist verheiratet und hat vier Kinder - bei seinen Bewunderern nichts anhaben. Für sie hat sich Vladimír Meciar durch das, was er getan hat oder was ihm angedichtet wird, immunisiert. Und damit kann er das politische Establishment noch immer das Fürchten lehren. (Josef Kirchengast, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 5.4.2004)