Istanbul - Der Fall der seit zehn Jahren inhaftierten
Kurden-Politikerin Leyla Zana sorgt für neuen Druck der EU auf die
Türkei. Nach dem letzten Verhandlungstag im Prozess gegen Zana in
Ankara am Freitag zeigte sich der Ko-Vorsitzende der
türkisch-europäischen Parlamentarier-Kommission, der Niederländer
Joost Lagendijk, bestürzt über das Verfahren. In dem von in- und
ausländischen Beobachtern heftig kritisierten Prozess geht es um die
Rechtmäßigkeit einer Gerichtsentscheidung aus dem Jahr 1994. Das
Urteil war am Freitag erwartet worden, wurde aber überraschend auf
den 21. April verschoben. Zur Begründung erklärte das Gericht, es
brauche mehr Zeit zur Vorbereitung einer Entscheidung.
Forderung, die Staatssicherheitsgerichte abzuschaffen
Lagendijk forderte, die Türkei solle ein Zeichen für ihren
Reformwillen setzen und die so genannten Staatssicherheitsgerichte
bis zum Urteilstermin abschaffen. Die EU verlangt schon länger die
Auflösung dieser für schwere politische Straftaten zuständigen
Sondergerichte, doch hat die Türkei bisher nicht entschieden, ob und
wann das geschehen soll.
Der Prozess gegen die mit dem Menschenrechtspreis des
EU-Parlamentes ausgezeichnete Zana gilt als Testfall dafür, in
welchem Maß die jüngsten EU-Reformen in der Türkei umgesetzt werden.
Das EU-Parlament hatte erst am Donnerstag kritisiert, die Reformen
schlügen sich nur ungenügend im Alltag des Landes nieder. Lagendijk
sagte, mit dem Verfahren gegen Zana habe die Türkei auf dem Weg nach
Europa ein Eigentor geschossen. "Aber das Spiel ist noch nicht
vorbei", fügte er hinzu. (APA)