Istanbul - Ein Bundesstaat aus zwei Gebietseinheiten, die im Innern weitgehend autonom sind - so sieht der neue Staat auf Zypern aus, den die UNO gründen will und der am 1. Mai der EU beitreten soll. Um die Wiedervereinigung der seit 30 Jahren geteilten Insel zu ermöglichen, müssen sowohl Türken als auch Griechen Abstriche von ihren Maximalforderungen hinnehmen. Die "Vereinte Republik Zypern" ist der Versuch, Misstrauen und Furcht zweier Volksgruppen durch einen fein austarierten Kompromiss mit vielen Kontrollmechanismen zu überwinden.
  • Staatliche Struktur: Obwohl Zypern im Grunde eine griechische Insel ist, auf der die Griechen rund 700.000 und die Türken nur 200.000 Einwohner stellen, soll eingedenk des blutigen Bürgerkrieges von 1963 bis 1974 keine der beiden Volksgruppen Macht über die andere haben. Beide Bundesstaaten haben eigene Parlamente und eigene Verfassungen. Die übergeordnete Legislative des Bundes besteht aus einem Zwei-Kammer-Parlament, wobei eine Kammer - der Senat - aus jeweils 24 griechischen und türkischen Senatoren besteht. Regiert wird Zypern von einem Präsidialrat aus sechs Griechen und drei Türken. Der Vorsitzende dieses Rates ist Präsident. Griechen und Türken wechseln sich in diesem Amt ab: Zypern wird in der fünfjährigen Amtsperiode des Rates 40 Monate lang einen griechischen und 20 Monate einen türkischen Präsidenten haben.

  • Territorium: Der türkische Sektor, der bisher 36 Prozent der Gesamtfläche der Insel ausmacht, wird auf 29 Prozent verkleinert. Die von der UNO ausgearbeiteten Karten sehen vor, dass insgesamt 65 bisher türkische Dörfer den Griechen zufallen. Die knapp 50.000 Bewohner dieser Ortschaften müssen umgesiedelt werden. Die Übergabe findet über einen Zeitraum von mehreren Jahren statt. Unklar war am Mittwoch noch, ob die Griechen auch einen Teil der Karpaz-Halbinsel am äußersten nordöstlichen Ende Zyperns erhalten werden.

  • Griechische Flüchtlinge: Rund 180.000 Griechen verloren bei der türkischen Militärintervention auf Zypern 1974 ihre Heimat. Nach dem UNO-Plan dürfen nur einige zehntausend von ihnen zurückkehren: Die Gesamtzahl der Rückkehrer darf höchstens 18 Prozent der türkisch-zypriotischen Bevölkerung betragen. Außerdem soll die Rückkehr erst in fünf Jahren beginnen. Damit soll den Türken die Furcht genommen werden, ihr Inselteil werde von der griechischen Mehrheit dominiert werden. Für die griechische Seite ist diese Regelung jedoch eine sehr bittere Pille.

  • Landerwerb und Eigentumsrecht: LANDERWERB UND EIGENTUMSRÜCKGABE: Griechen dürfen erst dann Landeigentum im türkischen Inselteil erwerben, wenn der türkischen Sektor seine Armut überwunden hat und der Wohlstand seiner Bürger mit dem der griechischen Zyprioten vergleichbar ist. Das wird Jahre dauern. Nur ein Drittel der Griechen, die 1974 Haus und Hof verloren, erhält den früheren Besitz zurück. Die verbleibenden zwei Drittel müssen entschädigt werden.

  • Militärpräsenz: Als Garantiemächte haben die Türkei und Griechenland das Recht, dauerhaft Soldaten auf Zypern zu stationieren. Bis zum Jahr 2011 dürfen das jeweils 6000 Soldaten sein, bis zum Jahr 2018 soll diese Zahl auf 3000 sinken. Danach dürfen nur noch 950 griechische und 650 türkische Soldaten auf Zypern bleiben. Diese Regelung läuft auf einen drastischen Truppenabbau der Türkei hinaus, die derzeit etwa 30.000 Soldaten auf Zypern stationiert hat.

  • EU-Recht: Da einige Regelungen des UNO-Plans gegen geltendes EU-Recht verstoßen, fordert die türkische Seite eine rechtliche Bestandsgarantie der EU für die Zypern-Lösung. Dies betrifft unter anderem die Einschränkungen für die Flüchtlingsrückkehr, mit denen das Recht auf freie Wahl des Wohnorts verletzt wird. Die Türkei befürchtet, dass der UNO-Plan ohne solche Garantien innerhalb kurzer Zeit durch Klagen von Griechen vor den europäischen Gerichten ausgehebelt werden könnte.

  • Fahne und Hymne: Kommissionen der UNO haben die Fahne des neuen Staates bereits ausgewählt - sie besteht aus liegenden Bändern in den Farben Blau, Gelb und Rot, die für die Griechen, die staatliche Einheit und die Türken stehen. Im Plan für die "Vereinte Republik Zypern" hat die UNO auch an eine Hymne für den neuen Staat gedacht.

    (APA)