Das haben sich schwarze Taktiker gefinkelt ausgedacht. Sie lehnen den Vertrag der Wiener Kasse ab - und erreichen damit mehrerlei: Sie wischen dem lästigen, wortgewaltigen roten Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse, Franz Bittner, eins aus. Und verfestigen so die Bittner zugedachte Rolle des Sündenbocks in der Gesundheitspolitik - die prima über eigene Versäumnisse hinwegtäuscht, etwa darüber, dass die Gesundheitsreform nicht einmal in Konturen erkennbar ist.

Blöd bloß, dass Koalitionspartner FPÖ bei diesem Hinhacken auf die Wiener Kasse nicht mehr mitspielen will. Im Gegensatz zu Schwarz hat Blau im Paarlauf mit der SPÖ zum Kassenvertrag Ja gesagt - und damit das Nein der ÖVP als pure Taktik entlarvt. Denn wenn es inhaltliche Einwände gegen die Vereinbarung zwischen Ärztekammer und Kasse gibt, wäre seit Dezember ausreichend Zeit gewesen, sie vorzubringen. Das ist aber nicht passiert - im Gegenteil: In allen Gremien haben bisher die schwarzen Vertreter dem Vertrag zugestimmt - nur im letzten, dem Verwaltungsrat, überraschend nicht.

Neben dem Ziel, Bittner zu diskreditieren (prompt gab es am Donnerstag schon schwarze Rücktrittsaufforderungen an ihn), verfolgt die ÖVP mit ihrem Nein offenbar eine zweite Mission: das Modell Selbstverwaltung als nicht arbeitsfähig und bankrottreif hinzustellen. Solche Argumente gegen die Selbstverwaltung kann die ÖVP gut brauchen - muss sie doch nach dem Höchstgerichtsurteil ohnehin die Umfärbung des Hauptverbands reparieren. Da kann Munition gegen die Selbstverwaltung nicht schaden - selbst wenn sie schwarze Vertreter mit ihrer Blockade im Hauptverband selbst liefern.

Die Wiener Patienten, die im Ernstfall beim Arzt selbst bezahlen müssen? Die spielen in dieser Taktik offenbar keine Rolle. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.4.2004)