Die Adria, aus dem Weltall gesehen

Foto: NASA
Wien - Jüngste Aussagen von Experten des UNO-Umweltprogramms "UNEP", wonach sich sauerstofffreie, so genannte "Todeszonen" in den Weltmeeren dramatisch ausbreiten, kann der Wiener Meeresbiologe Michael Stachowitsch (Institut für Ökologie und Naturschutz, Uni Wien) auch für die Adria bestätigen. Stachowitsch beobachtet Sauerstoffkatastrophen im Hausmeer der Österreicher seit Jahrzehnten. "Die Sache wird tendenziell schlimmer", so der Meeresbiologe.

Menschengemachtes Problem

Hauptursache für das Entstehen solcher Todeszonen ist die Einleitung von Düngesalzen - vor allem Stickstoff und Phosphor - über Flüsse oder auch direkt in die Meere. Dadurch kommt es lokal an den Küsten zu einer explosionsartigen Vermehrung von Algen. Sterben diese dann ab, sinken die Überreste zu Boden und werden ein Festmahl für Bakterien.

Letztendlich verbrauchen die Mikroorganismen aber den gesamten Sauerstoff, Tiere und Pflanzen im betroffene Meeresabschnitt sterben ab, Meeresboden und Wasser werden zu einer stinkenden, schwarzen Brühe. Erreicht die sauerstofffreie Zone die Meeresoberfläche, breitet sich ein penetranter Gestank nach faulen Eiern (Schwefelwasserstoff) aus.

Meeresschnee

Wie schon im UNO-Bericht erwähnt, gilt die Adria neben Ostsee, Schwarzem Meer und Golf von Mexiko zu den besonders gefährdeten Gebieten. Die Adria ist nämlich ein vergleichsweise flacher Meeresabschnitt, vor allem in heißen, windarmen Sommern kommt der Wasseraustausch mit dem Mittelmeer zum Erliegen. Ohne die Verdünnung mit frischen Wasser beschleunigt sich die Entstehung von Todeszonen.

Die Katastrophen kündigen sich oft durch so genannten Meeresschnee an, den auch ein Schnorchler mit ein wenig Aufmerksamkeit feststellen kann. Es entstehen am Anfang kleine, Schneeflocken nicht unähnliche, weiße Gebilde im Wasser. In weiterer Folge klumpt das Material - es besteht hauptsächlich aus Algenschleim und Bakterien - zusammen und schwimmt auf Grund von Gasbildungen auf. Im Extremfall sind die Aggregate als riesige Schaumberge auf dem Wasser auch schon aus großer Entfernung zu sehen.

Zunehmende Frequenz

1974 beobachteten die Wiener Meeresbiologen erstmals Sauerstoffkrisen in der Adria, ausgedehnte Massensterben am Boden der Adria gab es auch 1977, 1983 und 1989. Auch wenn die jeweils herrschende Wetterlage im Sommer als Auslöser der Entstehung von mehr oder weniger großen Todeszonen gilt, fällt doch auf, das "Frequenz und Ausdehnung" derartiger Katastrophen seit Beginn des 20. Jahrhunderts zunehmen, berichtete Stachowitsch. Teilweise können sich große Gebiete am Meeresgrund zwischendurch gar nicht mehr erholen.

Um die Vorgänge bei der Entstehung der Todeszonen besser verstehen zu können, plant Stachowitsch derzeit die gezielte Herstellung und Dokumentation von kleinen sauerstofffreien Zonen am Meeresboden der Adria. Dazu möchte er eine mit Kameras und Messgeräten ausgestattete Plexiglaskuppel einsetzen, unter denen die Abläufe dann simuliert und erforscht werden können. Allerdings ist die Finanzierung des Vorhabens noch nicht gesichert.(APA)