Wie gewohnt titellos viel sagend: Cindy Sherman

Foto: Musée du Luxembourg

Paris - Die Frage "Wer bin ich?" gehört zu den ältesten der westlichen Kultur. "Moi! Autoportraits du XXe siècle" - "Ich. Selbstbildnisse des 20. Jahrhunderts" heißt die Ausstellung des Pariser Musée du Luxembourg, die mehr als 150 Selbstporträts großer Maler wie Pablo Picasso, Egon Schiele, Otto Dix, Edgar Degas, Francis Bacon und Henri Matisse zeigt. Die Werke stammen aus Privatkollektionen sowie Sammlungen französischer und ausländischer Museen - und sind auch im Rahmen eines sehenswerten Online-Auftritts unter museeduluxembourg.fr zu besichtigen - unter "Aperçu des oeuvres".

Bis hin zum Abstrakten

Auch wenn die bis 25. Juli ausgestellten Selbstdarstellungen nicht immer eine eindeutige Antwort geben, wird dennoch die Vielfalt sichtbar, die für die Kunst des Selbstporträts im 20. Jahrhundert charakteristisch ist - und die zum Teil auch in der Ausstellung "Die Große Parade. Porträt des Künstlers als Clown" im Pariser Grand Palais (11. März bis 31. Mai) zum Ausdruck kommt.

Während sich das Grand Palais ausschließlich auf die Identifizierung des Künstlers mit der bunten Welt des Zirkus konzentriert, bietet das Musée du Luxembourg einen umfassenden Überblick über die Entwicklung des Selbstporträts, das sich bei einigen Künstlern nur noch auf den bloßen Namensschriftzug reduziert.

Das Selbstporträt von Marcel Duchamp etwa besteht aus seiner roten Unterschrift, das von Lucio Fontana aus einem "Io sono Fontana" (Ich bin Fontana), das er 1966 spiegelverkehrt auf eine Kupferplatte schrieb. Sowohl Fontana als auch Duchamp befreien sich von der Notwendigkeit, ein Name und ein Gesicht zu sein und machen aus dem Namen des Künstlers allein den Gegenstand der Anerkennung, den er im Gedächtnis der Menschen hinterlassen möchte.

Nacktheit und Krieg

Andere Künstler hingegen setzten die realistische Tradition des Selbstporträts des 19. Jahrhunderts fort und stellten sich als Maler dar. Maurice Denis malte sich vor seiner Staffelei, Degas vor einem seiner Werke, auf dem eine nackte Frau bei ihrer Toilette zu sehen ist. In diesem Pastell-Selbstbildnis, das Degas als grauhaarigen Maler mit tief liegenden Augen zeigt, gibt sich der Künstler dem Betrachter nicht nur zu sehen, sondern vertraut ihm auch an, was er über seine eigene Kunst denkt. So ist das Selbstporträt von Degas ein letzter Versuch, die Pariser Kunstszene zu provozieren, die sich über seine nackten Modelle echauffierte.

In einem Jahrhundert, das zwei Weltkriege erlebte, griff Erwin Blumenfeld auf die Metamorphose zurück und bildete sich mit einem Kalbskopf ab. Blumenfeld wird zum Minotaurus, um gegen einen anderen zu kämpfen, der am 30. Jänner 1933 die Macht ergriff und Adolf Hitler hieß. Angesichts der grausamen Kriegsereignisse sieht sich Valerio Adami als ein in Stücke zerteilter Kadaver: Zwei Arme halten eine Art Maske in die Luft, der nackte Unterkörper liegt leblos vor einer Guillotine.

Eine Identitätserfahrung anderer Art bringt Egon Schiele zum Ausdruck. Anfang des 20. Jahrhunderts beginnt der Körper für die Identität der Künstler eine zentrale Rolle zu spielen und macht ihn zum Hauptgegenstand ihrer Werke. So stellt sich Schiele da, wie er auf einem Stuhl sitzt: die Beine weit auseinandergespreizt, so dass sein ungewöhnlich großes erigiertes Geschlecht zu sehen ist. Wegen seiner "unmoralischen Zeichnungen" - oft hässliche und knochige Aktdarstellungen, meist in erotischen Stellungen - wurde der österreichische Künstler 1911 fast einen Monat lang inhaftiert. (APA/dpa)