Der deutsch-französische Pharmakonzern Aventis, der sich gegen ein feindliches Übernahmeangebot durch den kleineren französischen Konkurrenten Sanofi wehrt, kommt immer stärker unter Druck der französischen Politik. Ende der Vorwoche hat Premierminister Jean-Pierre Raffarin Aventis-Chef Igor Landau zu einem vertraulichen Gespräch getroffen. Eingeweihte nehmen an, dass Raffarin die Manager von Aventis und Sanofi an den Verhandlungstisch bringen wolle und als Starthilfe eine Erhöhung des Sanofi-Angebots in Aussicht stellt.

Aventis-Chef Landau bleibt aber offenbar hart: Nach Angaben von Firmensprechern strich er erneut die Vorzüge des Schweizer Pharmakonzerns Novartis heraus, der als "weißer Ritter" der Aventis im Gespräch ist, von Paris aber abgelehnt wird. Man habe nur die Alternative zwischen der Bildung eines "nationalen Champions", der den US-Branchengrößen Paroli bieten könne, und dem Ende der nationalen Pharmaindustrie, heißt es im Büro Raffarins. Aventis sei deshalb von "strategischem Interesse", weil Frankreich auf dessen Impfstoffe im Kampf gegen den Bioterrorismus angewiesen sei.

Politik nicht mehr "allmächtig"

Novartis-Chef Daniel Vasella sagte, er werde gegen den Willen der französischen Regierung nicht mit Aventis zusammengehen. Ganz aufgegeben hat er aber noch nicht. Denn die französische Industriepolitik ist nicht mehr allmächtig. Dies zeigte sich schon 1999, als die anvisierte Dreierfusion französischer Großbanken auf halbem Weg stecken blieb und nur BNP und Paribas verschmolzen. Im Fall von Aventis will die EU-Kommission "sehr sorgfältig prüfen", ob das französische Verhalten wettbewerbskonform sei.

Und sogar in Paris regt sich heute Widerstand: Der französische Kleinaktionärsverband "Adam" verlangt von der nationalen Börsenaufsicht, das "freie Spiel" der einzelnen Übernahmegebote zu gewährleisten. Ein Wink an den französischen Staat, die Finger vom Dossier Aventis zu lassen. (DER STANDARD, Printausgabe, 29.3.2004)