John Kerry mag ein erfahrener Politiker mit dem Auftreten eines Präsidenten sein. Aber der härteste Gegner von George W. Bush ist dieser Tage nicht der demokratische Kandidat, sondern Richard Clarke. Der Antiterrorspezialist hat mit seinem Buch nicht nur den Finger in die tiefste Wunde der US-Regierung gelegt. Unter Dauerfeuer des Weißen Hauses hat sich Clarke auch als für Bush gefährliches Polittalent erwiesen.

Eine Woche lang haben die Bush-Leute alles versucht, um Clarkes Ruf zu ruinieren. Doch während Bush versuchte, durch einen dämlichen Witz das Fehlen der Massenvernichtungswaffen herunterzuspielen, bot Clarke in seiner Anhörung vor der 9/11-Untersuchungskommission den Angehörigen der fast 3000 Opfer die erste Entschuldigung, die sie je aus dem Mund eines Regierungsvertreters gehört haben: "Die Regierung hat euch im Stich gelassen, und ich habe es auch." Ein solcher Satz wühlt die Nation auf und macht seinen Urheber zum Helden.

Clarkes Anschuldigungen sind nicht neu: Seit Monaten ist bekannt, dass die Bush-Regierung Anfang 2001 sämtliche Warnungen der Clinton-Leute vor Al-Kaida ignoriert und alle deren Antiterrorpläne verworfen hat. Aber mit dem lange so treuen Beamten bekommen sie Authentizität und untergraben damit das stärkste Argument, mit dem Bush für seine Wiederwahl wirbt: Nur ich kann euch vor dem Terror beschützen.

Kerry selbst hat in dieser Schlacht nur eine Nebenrolle. Ebenso wie er die demokratischen Vorwahlen vor allem durch die Selbstzerstörung seines Rivalen Howard Dean gewann, kann ihn kein noch so brillanter Wahlkampf, sondern nur - nach 1992 - die zweite Implosion einer Bush-Präsidentschaft ins Weiße Haus tragen. Die sieben Monate bis zum Wahltag sind noch eine lange Zeit, und Bush jr. hat die skrupellosesten Berater des Landes um sich versammelt, die wissen, wie man Gegner fertig macht. Doch an Clarke beißen sie sich die Zähne aus. (DER STANDARD, Printausgabe, 29.3.2004)