Einmal jährlich zum Aderlass - ausnahmslos jeder. Und jedem wird gleich viel abgezapft: Diese Therapie schlägt die Ärztekammer zur Heilung der chronischen Finanzierungsschwäche der sozialen Krankenversicherung vor. 2000 Euro Pauschale statt der lohnabhängigen Beiträge sollen dann pro Kopf und Jahr in die Sozialversicherungs-GmbH fließen. Sozial Schwache sollen aus dem Steuertopf aufgepäppelt werden.

Dieser Behandlungsvorschlag hat schwer wiegende Nebenwirkungen, über die der Ärztechef nicht informiert hat. Eine Kopfpauschale würde Geringverdiener unverhältnismäßig stärker belasten, Besserverdiener aber entlasten - käme also einer Umverteilung von unten nach oben gleich. Solidarität im Gesundheitswesen kann aber nicht heißen, alle zahlen gleich viel ein, egal, wie viel sie zum Leben haben - nicht verdienen.

Da liegt nämlich das Grundproblem. Eine neue, sozial gerechtere Finanzierung darf nicht nur von der Lohnentwicklung abhängig sein, weil sie in wirtschaftlichen Krisenzeiten zu massiven Finanzierungsproblemen führt. Auch weil kapitalintensive Betriebe aus ihrer Verantwortung entlassen sind. Das Grundproblem im Gesundheitswesen bliebe von der Kopfgeldjagd zudem unangetastet: Die Zahl der Beitragszahler, ob lohnabhängig oder pauschaliert, wird durch sinkende Geburtenraten immer kleiner, die Zahl der zu versorgenden Älteren immer größer.

Wenn es den Ärzten wirklich um sozialen Ausgleich geht, dann sollten sie über die Einbeziehung von Einkommen neben den Löhnen nachdenken. Zinsen, Mieteinkommen, Aktiengewinne oder Wertschöpfung wären lukrative Geldquellen, die man für das Gesundheitssystem anzapfen könnte - und sie würden es zuverlässiger speisen als der staatliche Tropf, der den sozialen Ausgleich sichern soll. Der ist bekanntlich am Ende. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.3.2004)