"Pauschalsteuergesetz"
Die Runde ging an den Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Auch das so genannte "Pauschalsteuergesetz", die Amnestie für Steuerhinterzieher, passierte im Geleitschutz aller anderen Steuerreformvorhaben den Ministerrat, trotz der bis dahin von Justizminister Dieter Böhmdorfer lautstark geäußerten Vorbehalte.
Ob jedoch Grasser sein Schäfchen auch im Parlament ins Trockene bringen kann und sich Steuersünder demnächst eines 60-prozentigen Nachlasses auf ihre Steuerschuld erfreuen können, bleibt weiterhin ungewiss.
Unter Vorbehalt
Denn Böhmdorfer ließ sich seine Zustimmung im Ministerrat nur unter protokollarisch angemerktem Vorbehalt abringen, der sich im weiteren Verfahren erneut in ein Veto wandeln könnte. In einer Protokollanmerkung sei vereinbart worden, dass das Gesetz im Parlament erst dann behandelt werden darf, wenn der Finanzminister eine nachgebesserte Version beibringt, die die ausdrückliche Zustimmung Böhmdorfers erhält. Ohne seine Zustimmung dürfe die Amnestie hingegen nicht im Parlament behandelt werden, sagte Böhmdorfer gegenüber dem STANDARD. Damit öffnet sich auch für Kritiker in den Reihen der Regierungspartei eine Gelegenheit zum Widerstand: Der ÖAAB hat bereits angekündigt, der Amnestie nicht zuzustimmen.
Die Steuerreform sei "wie ein Eisenbahnzug, von dem man den letzten Waggon abkoppeln kann", erklärte der Justizminister. Und dieser letzte Waggon ist die Steueramnestie - am Ende der parlamentarischen Behandlung könnte also weiterhin eine Steuerreform ohne Sündenvergebung stehen.
Vereinbarung ohne harten Kern
Allerdings sieht der Verfassungsrechtler Heinz Mayer, der den Amnestie-Entwurf für nicht verfassungskonform hält, diesen Vorbehalt als eine politische Vereinbarung ohne harten rechtlichen Kern. "Wenn eine Regierung eine Vorlage beschlossen hat, hat sie rechtlich keine Möglichkeit mehr, in den Gesetzwerdungsprozess einzugreifen. Das ist eine Sache des Parlaments", wie mit der Vorlage umzugehen sei.
"Die Regierung kann der Vorlage zustimmen oder nicht, aber sie kann nicht mit einer Bedingung zustimmen", kommentiert Mayer. Allenfalls können sich die Regierungsparteien im Parlament freiwillig an die Vereinbarung halten, dass eine neue Version als Abänderungsantrag eingebracht wird. Mayer hält es für möglich, eine verfassungskonforme Lösung zu finden, allerdings nur unter wesentlich geänderten Bedingungen - also etwa eine bedeutend höhere Zahlung als die jetzt vorgesehenen 40 Prozent, oder unter mildernden Umständen. "Aber jetzt profitieren die größten Steuersünder am meisten", sagt Mayer.
"Aktion scharf"