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Autorin Jeannie Ebner (1918-2004)
Foto: APA/PFARRHOFER Herbert

Wien - Auf dem Friedhof von Wiener Neustadt trägt ein Grabstein seit Jahren ihren Namen und den Tag ihrer Geburt, ordentlich gemeißelt in die Oberfläche: Jeannie Allinger-Ebner, geboren am 17. November 1918 in Sidney. Der Realität des Todes begegnete sie so unsentimental pragmatisch wie vielen Dingen ihres Lebens: wie schon als 16-Jährige der Tatsache, dass sie ihre Schulausbildung abbrechen musste, um mit Büroarbeit die kranke Mutter und sich selbst zu ernähren. Wie der jahrelangen Arbeit als Spediteurin, später als Stenotypistin für die AmerikanerInnen.

Jeannie Ebner lebte ein leises Leben. Ihre vom geliebten Zigarettenrauch geraute Stimme erhob sie eher für andere: Im Wien der Nachkriegsjahre gab es kaum ein literarisches Manuskript in Österreich, das sie nicht kannte. Das Café Raimund diente der damals Wohnungslosen als Postfach. Dorthin trugen die AutorInnen Texte, die sie für Hans Weigels Anthologien Stimmen der Gegenwart vorsortierte - in "Kaas", "brauchbar" und "sehr gut".

Jahrzehnte später, von 1968 bis 1979, gab sie dann die Literaturzeitschrift Literatur und Kritik heraus. Publizierte dort Übersetzungen polnischer, ungarischer und tschechischer AutorInnen.

Im Schatten dieser intensiven literaturkritischen Aktivitäten und herausragender Übersetzungen, etwa von Texten Doris Lessings, entstand Jeannie Ebners eigenes literarisches Werk: Von 1954 an, als sie mit ihrem ersten Roman Sie warten auf Antwort erstmals als Autorin an die Öffentlichkeit trat, schrieb sie nicht weniger als 26 eigene Bücher - Romane, Novellen, Gedichte.

In ihren Texten, etwa im Erzählband Protokoll aus einem Zwischenreich (1975), im Roman Drei Flötentöne (1981) beschwört die Lebenspragmatikerin eine traumhafte Gegenrealität: Mythos und surreale Bildwelten erscheinen in ihren Texten vielfach als Chiffren des Unbewussten.

Ihre größte Berühmtheit sollte die Autorin ironischerweise jedoch durch die Feder eines anderen erhalten: Durch Thomas Bernhard, der sich mit der Erschaffung der Jeannie Billroth in Holzfällen auf seine Weise "bedankte" für die frühe Unterstützung seines Schreibens.

Auf dem Grabstein in Wiener Neustadt wird davon nichts zu lesen sein. Dafür ihr Todesdatum. Am 16. März starb Jeannie Ebner in Wien. (DER STANDARD, Printausgabe 18.03.2004)