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dpa/Jens Büttner
Anfang März 2004 wurde die Novelle des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) im Ministerrat beschlossen, mit der das so genannte "Legal Unbundling" auch im Strombereich implementiert werden soll.

Damit wird die EU-Richtlinie 2003/54/EG, die eine vollständige Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes in der EU bis spätestens 1. Juli 2007 vorsieht (aufgrund des Liberalisierungseffektes, den sie erzeugen soll, auch "Beschleunigungsrichtlinie" genannt), in Österreich umgesetzt.

Legal Unbundling

Legal Unbundling ist die gesellschaftsrechtliche Trennung des Netzbetriebs von der Stromerzeugung und Stromversorgung. Man erwartet sich davon eine Belebung des in der EU insbesondere im Kleinkundenbereich nur mäßigen Wettbewerbs.

Bekanntlich kann dieser nur entstehen, wenn ein entsprechendes Angebot "alternativer" Stromversorger existiert. Voraussetzung für Letzteres ist wiederum, dass die Netzbetreiber jede Art der Diskriminierung solcher "alternativer" Versorger zugunsten der mit ihnen verbundenen Stromversorger unterlassen.

Die Führung des Netzbetriebs in einer gesonderten Gesellschaft soll eine solche diskriminierungsfreie Behandlung erleichtern und besser kontrollierbar machen.

Durchleitungstarife

Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Durchleitungstarife, d.h. jener Anteil der gesamten Stromversorgungskosten, der auf die Verwendung des Netzes entfällt.

Derzeit sind in Österreich die Durchleitungstarife im Verhältnis zu den reinen Energiekosten relativ hoch, was wiederum die Wahl eines alternativen Stromversorgers unattraktiv macht, da bei einem Wechsel der Durchleitungstarif gleich bleibt und nur der Energiepreis reduziert werden kann.

Da die Durchleitungstarife aufgrund der Kosten der Netzbetreiber festgelegt werden, ist eine genaue Zuordnung dieser Kosten und der Ausschluss jeglicher Art von Quersubventionierung des Stromvertriebs durch das Netz essenziell.

Transparente Kosten

Die Kosten der Netzbetreiber werden durch Legal Unbundling transparenter, als wenn Erzeugung, Versorgung und Netzbetrieb in einem Unternehmen geführt werden. Die Gefahr einer Quersubventionierung des Stromvertriebs durch das Netz wird so erheblich reduziert. Davon erhofft man sich eine sukzessive Reduktion der Durchleitungstarife und somit neuerlichen Schub für den Wettbewerb.

Gleichzeitig bedeutet Legal Unbundling einen massiven Eingriff in die bestehende Struktur der Energiewirtschaft. Dementsprechend gab es in Österreich heftige Diskussionen über die Umsetzung der EU-Beschleunigungsrichtlinie.

Transparenz vs. Effizienz

Auf der einen Seite steht die E-Control, die als Regulator im Energiebereich eine möglichst weit gehende Entflechtung zwischen Stromversorgern und Netzbetreibern argumentiert hat (insbesondere, dass die Netzbetreiber großteils eigene Ressourcen aufbauen bzw. nutzen müssen und damit auch de facto von den Stromversorgern unabhängig werden).

Dem gegenüber stehen die großen Stromversorger, insbesondere die Landesgesellschaften, die eine möglichst reduzierte Form des Legal Unbundling forderten, um bestehende Effizienzen nicht zu verlieren und parallele Strukturen der Stromversorger sowie der Netzbetreiber zu vermeiden.

Stromversorger haben sich durchgesetzt

Betrachtet man den nun beschlossenen Gesetzesentwurf, so ist erkennbar, dass sich die großen Stromversorger durchgesetzt haben. Demnach wird es zwar u. a. erforderlich sein, dass die für die Leitung des Netzbetriebs zuständigen Personen von der Stromerzeugung und -versorgung unabhängig sind und die Netzbetreiber über entsprechende Vermögenswerte verfügen können, die für den Betrieb, die Wartung oder den Ausbau der Netze erforderlich sind. Es wurden jedoch keine über die EU-Vorgaben hinausgehenden Erfordernisse festgelegt.

Die heiklen Fragen, welche Rechtsform die Netzbetreiber haben müssen, inwiefern die Netzbetreiber mit eigenem Personal auszustatten sind bzw. ob sie auf Personal der verbundenen Unternehmen zurückgreifen dürfen und welche Dienstleistungen sie weiterhin von den mit ihnen verbundenen Stromversorgern beziehen können, wurden in der ElWOG-Novelle bewusst offen gelassen.

Mangels entsprechender Einschränkung durch den Gesetzgeber wird daher davon auszugehen sein, dass die Netzbetreiber hier einen entsprechenden Spielraum haben. Von den dann noch erforderlichen Ausführungsgesetzen der Länder zur ElWOG-Novelle ist ebenfalls keine maßgebliche Verschärfung zu erwarten.

Wörtliche Übernahme

Insofern kann man daher wirklich vom kleinsten gemeinsamen Nenner sprechen, der auch in Österreich immer öfter eine fast wörtliche Übernahme der EU-rechtlichen Vorgaben darstellt. Die Energieversorger jedenfalls können diese Lösung als Erfolg verbuchen.

Dass ihnen hier die Strom-Blackouts des letzten Jahres (New York, Italien) Argumente geliefert haben, ist wohl anzunehmen. Es bleibt nun zu wünschen, dass die Versorgungssicherheit tatsächlich entsprechend davon profitiert. (DER STANDARD Printausgabe, 09.03.2004, Raoul Hoffer)