Knarf Rellöm with the Shi Sha Shellöm: "Einbildung ist auch 'ne Bildung" (ZickZack / Indigo / Ixthuluh 2004)

Coverfoto: ZickZack/Indigo

Knarf Rellöm, Viktor Marek, DJ Patex

Foto: Knarf Rellöm with the Shi Sha Shellöm
Nicht dass dies hier etwas mit HipHop zu tun hätte, klanglich zumindest nicht - da kann noch so laut nach den "Party people in the house?" gerufen werden (worauf der Synthesizer die Antwort fiept).

Das Material ist da, mach was draus

Aber wie der von Hamburg nach Zürich und nun wieder zurück gependelte elektronische Musikant Knarf Rellöm mit Found Footage aus der Pop-Geschichte umgeht, weist erstaunliche Parallelen zur Vorgangsweise von HipHoppern auf: Vorhandenes wird mit kindlicher Spielfreude aufgegriffen und in einen neuen Kontext eingebaut.

So wird die Zeile "Talk about talk about talk about moooovin'" aus Lipps Inc.s Arschwackel-Hit "Funky Town" kurzerhand zur biographisch motivierten Pendler-Leier, Johnny Rotten wird eines Reimes wegen heraufbeschworen, aber sogleich mit Starships "We Built this City on Rock'n'Roll" abgeschmeckt (eine Kombination, die dem ehemaligen Sex Pistol vermutlich die Schockhaarung bescheren würde), Tony Curtis muss für einen Friseurwitz herhalten, und zwischendurch wird auch ein Brief an The Falls Mark E. Smith geschrieben ... oder genauer gesagt: gebrüllt, passend zum Adressaten.

Kurz gesagt: es wimmelt nur so von Zitaten und Querverweisen quer durchs Pop-Universum. Bierernst zu nehmen ist davon keines ... was einem auch bei einer Hymne auf die "Little Big City" Zürich schwer fallen dürfte: enthalten gleich in zwei Versionen, damit man's auch wirklich glaubt. Neben "Null Eins" aber auch diejenige Nummer mit der höchsten Dancefloor-Tauglichkeit.

Das gerade verwendete Instrumentarium - "a tremolo guitar please! perfect!" - wird ebenso thematisiert wie die eigene Person und deren Name-wechsle-dich-Spiel. Und heftig angegeben werden muss natürlich auch ("ich habe den Erfolg gewollt und es auch verdient") - aber dafür folgt fünf Nummern später ja quasi die Entschuldigung: "Einbildung ist auch 'ne Bildung".

Elektronischer Klangbaukasten

Musik für kindlich Gebliebene (siehe Coverbild) oder kindisch Gewordene, Spaßfaktor garantiert ... vorausgesetzt natürlich man will die eigene Mieselsucht nicht gefährden. Außerdem sollte das Spiel auch nicht unterschätzt werden: "Unsere Firma will Tote!", die kapitalistische Realität ist grausam und Rellöm hat das nicht vergessen.

Musikalisch setzt sich der Baukasten aus Elektro, House, Disco und Artverwandtem zusammen - stets in der LoFi-Variante natürlich. Und mit Blick auf die Vergangenheit taucht unter Gitarreneinsatz zwischendurch auch immer wieder mal ein Fünkchen Punk auf, nicht von ungefähr erinnert die aktuelle CD stellenweise an die Goldenen Zitronen. Wer also nach Parolen sucht: "Ihr wollt Kuschelsex? Fickt euch!" und "mp3's gona make us free" stehen im Angebot.

Stimmliche Schützenhilfe kommt von Bassistin DJ Patex, nicht zuletzt in einer elegant reduzierten Cha Cha Cha-Version von Ben Lees "I Wish I Was Him"; Viktor Marek komplettiert Shi Sha Shellöm an der elektronischen Klaviatur. (Josefson)