Deren größte Schwierigkeit besteht darin, einer einzelnen Person in der Kausalkette die letztlich die Katastrophe auslösende Fahrlässigkeit nachzuweisen. Dazu muss neben dem Verschulden einer natürlichen Person auch die entsprechende Rechtswidrigkeit gegeben sein. Das bedeutet, dass die Beschuldigten gegen spezifische Rechtsnormen verstoßen und darüber hinaus auch die für Experten gebotene Sorgfalt unterlassen haben müssen. Ob das Unglück vorhersehbar war oder nicht, ist in diesem Fall zweitrangig.
Defekter Heizlüfter
Als Brandursache hat das Gericht im Fall Kaprun einen defekten Heizlüfter festgestellt, dessen Einbau in der Standseilbahn gegen keine bestehende Norm verstoßen hat. In Bedienungsanleitungen von handelsüblichen Heizlüftern wird der Einbau in einer Beförderungsanlage nicht ausdrücklich verboten. Wäre dies der Fall, dann hätte der Elektriker zweifellos rechtswidrig und fahrlässig gehandelt.
Aber das bedeutet nicht, dass der Einbau rechtmäßig war. In der Beilage zum Heizlüfter sind zwei CE-Normen (87/308/CEE, 73/23/CEE) angeführt, die sich auf die Funkentstörung und Normung von Niedervoltgeräten beziehen und ohne Relevanz für den Brandschutz sind. Heizungsanleitungen sehen aber auch vor, dass in bestimmten Fällen - auch nach Gebrauch - der Netzstecker zu ziehen ist und dass das Produkt nicht in der Nähe von brennbaren Materialien verwendet werden darf. Daraus ergibt sich, dass ein fester Einbau in ein Fahrzeug ohne zusätzlichen Netzstecker gegen die Bedienungsanleitung verstößt und daher unsachgemäß ist. Das gilt auch, wenn jemand den Heizlüfter in Betrieb feucht reinigt, abdeckt oder - wie im Fall Kaprun - als Dauerheizung benützt. Den Hersteller trifft dann für die damit verbundenen Folgen kein Verschulden.
Auswahl und Aufsicht
Neben dem tatsächlichen Einbau kann auch die Auswahl des Einbaupersonals (culpa in eligendo) und die Verletzung von Aufsichts-und Kontrollpflichten (culpa in inspiciendo) eine strafrechtliche Rolle spielen. Erinnert man sich an das Grubenunglück von Lassing, dann verwundert es auch, dass die Verantwortung der Aufsichtsorgane im Bundesbereich hier nicht geprüft wurde.
Ein Brand in einer Standseilbahn ist schließlich auch ohne einen Heizlüfter denkbar - etwa durch ausgedämpfte Zigaretten - und muss daher von den Betreibern auch ohne explizite gesetzliche Rechtsvorschriften verhindert und in seinen Folgen begrenzt werden. Dies kann heutzutage als allgemeiner Rechtsgrundsatz angesehen werden, der auch das Anlagenrecht durchzieht. Überall, wo Menschen sich zwangsweise in größerer Anzahl aufhalten, ist etwa nach dem Feuerpolizeirecht der Länder für Fluchtwege und Brandvermeidung Sorge zu tragen. Auch bei Anlagen, die nach Bundesrecht errichtet werden, gelten diese Ländervorschriften subsidiär. Dass in die entsprechenden EU-Richtlinien erst nach dem Unglück Detailnormen zum Brandschutz in Standseilbahnen aufgenommen wurden, kann die Unterlassung von Vorkehrungen nicht rechtfertigen.