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Ein Kandidat für den Kompost - dabei gäbe es Wege und Möglichkeiten, überschüssige Ernte an den darob glücklichen Mann zu bringen. Wollen muss man halt.

Foto: APA/Patrick Pleul

Die Idee, diesen Sommer selbst angebautes Gemüse zu assimilieren, zieht, bedingt durch ein Phänomen, das letzten August ins Bewusstsein gedrungen ist und dadurch beschrieben wird, dass alle Hobbygärtner zur gleichen Zeit ernten, von allem Gemüse zu viel haben und nicht wissen, wem sie es noch allen schenken sollen, neue Kreise innerhalb der Kalotte.

Was fehlt, ist eine Abgabe- und Verteilstelle, die das gartenfrische Gemüse an all jene weitergibt, die keine Möglichkeit haben, es selbst anzubauen. Phantastilliarden Tonnen Zucchini, Gurken, Paradeiser würden somit statt auf dem Kompost in Korbtaschen dankbarer Abnehmer landen, die sich damit pekuniär ein wenig sparen und diätologisch ein wenig Gutes tun würden.

Es liegt also an den mangelnden Möglichkeiten, selbst Gemüse oder Obst anzubauen, auch wenn Fiona meint, das ginge auf dem Fensterbrett. Dieses scheint dann doch etwas zu klein, aber in Wahrheit gibt es Gemeinflächen ohne Ende, die als Kotfänger für Vierbeinscheißer dahinmodern, anstatt als kommunale Anbaufläche für die Anrainer zu dienen.

Die Stadt ernähren

Was hindert die Wienführung, in den Beserlparks statt stacheliger Immergrüne etwa essbare Einjährige zu setzen? Wer hindert die Stadtregierung, die endlosen Fluren entlang des Donaukanals oder die weiten Flächen hinter den Kastanienwänden im Augarten mit Apfelbäumen, Birnbäumen und Mirabellen zu bepflanzen? Und statt schwachsinniger, keltenkultbedingter Lebenskreisbaumkreise könnte man starkduftende, genusskultbedingte Pfirsichbaumkreise an die Wienerwaldränder setzen.

Das Plädoyer, pro Quadratmeter Hundeklo einen Quadratmeter Gemeinschaftsbeet abzustecken, muss in den Landtagen gehalten werden, möchte man politisch die nächsten Jahre überleben - das sei den Entscheidern ins Stammbüchlein geschrieben. Jegliches Obst, Erdäpfel, Zwiebel, Knoblauch, Zucchini, Gurken, Kürbisse, Melanzane, Paradeiser, Topinambur, Rüben aller Art, Kohl, Kraut, Broccoli, Karfiol, Blattsalate und alle einjährigen wie auch winterharten Kräuter könnten über das Jahr verteilt die Stadt ernähren, unentgeltlich. Dann hätten die Menschen auch mehr Geld für Fleisch, das in allerbesten, nachhaltigen Bedingungen als Tier heranwachsen und nach hohen, ethischen Standards seinem Ende zugeführt werden kann.

Mord und Totschlag

Woran scheitert's? An den Menschen selbst. Mord und Totschlag stünden am Ende dieser Idee. Es ist das Konzept des Besitzanspruchs, das uns scheitern lässt. Wer Wochen oder gar Monate in Beete und Bäume investiert, um sich dann die Ernte von vazierenden, maßlosen Idioten abräumen zu lassen, welche diese dann möglicherweise auf Umwegen versilbern, wird zu Beetwehren aufrufen, Patrouille gehen lassen und auf alles schießen, das sich an der Ernte vergreift. Auch innerhalb einer friedfertigen Anbaueinheit werden Diskussionen aufkeimen, wann der der optimale Reifezeitpunkt für die Erdbeeren erreicht sei, auf dass diese nun geerntet und verschlungen werden könnten. Die Gierigen essen auch die grünen, erst fahlroten und noch lange nicht reifen Paradeiser, Erdbeeren oder Äpfel. Das schmerzt den Gärtner in der Seele, das kann er nicht zulassen.

Aber vielleicht ist dieser Pessimismus gar nicht angebracht, und es würde sich eh alles auf einem brauchbaren Miteinander einschaukeln, und die paar Ausnützlinge würden das System nicht aus der Balance bringen können. Einen Versuch wäre es wert. Erste Schritte wurden bereits gesetzt - mehr dazu findet sich an untenstehender Adresse. Viel Freude beim Pflücken (falls noch etwas da ist). (DER STANDARD, Rondo, 17.2.2012)