Das Haasbeisl in Wien-Margareten gilt seit je als gute Adresse für unverfälschte Wiener Küche...

Foto: Gerhard Wasserbauer

... mit der Neuübernahme wurde es noch besser.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wandverbau aus den frühen 1980ern, schmiedeeiserne Lampen mit Schirmen aus Tierhaut-Imitat, dazu gerahmte Autogrammkarten lang verschiedener Promis und ein Geschäftsschild in erlesenem Pseudojugendstil: Schönheitspreis wird das Haasbeisl auf der Margaretenstraße keinen bekommen. Dennoch strahlt es eine gut eingesessene Gemütlichkeit aus, der man sich kaum zu entziehen vermag.

Außerdem steht die Küche seit jeher im Ruf, mehr als ordentliche Traditionskost mit Schwerpunkt auf Innereien zu bieten. Jetzt hat Georg Haas das Lokal an Gerald Schedl und Christian Tischler übergeben, die in Ottakring das Gösser Bräu betreiben und geeignet scheinen, den Ruf der Küche auch in Zukunft nicht verkommen zu lassen. Immerhin bekochte Tischler den nahen Schwarzen Adler (Schönbrunner Straße) schon vor Jahren auf Haubenniveau.

In Amt und Würden

Den beiden ist bewusst, dass ein seit 1935 in Familienbesitz stehendes Wirtshaus behutsam in die neue Zeit gehievt werden will. Deshalb steht Georg Haas senior manchmal noch hinter der Schank, deshalb ist mit Brigitte Rohrer auch die Haas-Küchenchefin in Amt und Würden. Die Gerichte aber scheinen derzeit mit ganz besonderer Hingabe gekocht zu sein. Bruckfleisch etwa, ein Klassiker des Hauses und anderswo kaum noch (und nicht in täglicher Frequenz) zu bekommen, ist wie sich's gehört mit ordentlich Milz, Kronfleisch, Herz und Bries sowie feingeschnittenen Lichtln gemacht und in sämiger Wurzelsauce serviert - das hält jedem Vergleich, auch mit Reinhard Gerers (besonders intensiver, mit Milz gebundener) Variante, souverän stand. Hirn gebacken oder mit Ei, Nierndln, Leber, Salonbeuschel sind ohnehin Standards. Zart gelierte Tellersulz vom Haxl wird mit Salzerdäpfeln serviert - eine Kalt-warm-Kombo, die in Tischlers Heimat, dem Burgenland, zu Recht gepflegt wird.

1-a-knusprig und zart

Aber auch Wiener Schnitzel, saftig und in eine Panier gehüllt, die es punkto Struktur mit jeder Reliefkarte des Grand Canyon aufnimmt, ist 1-a-knusprig und zart. Zwiebelrostbraten wird saftig kurz gebraten, mit dicken, süßen Zwiebelringen schmalzigen Erdäpfeln und, hurra, einem dicken Stück von der Senfgurke garniert. Urtypisch burgenländisch ist auch die herrlich majoranwürzige Erdäpfelcremesuppe mit Bohnensterz (siehe Bild) - allein dafür gehört Tischler ein Orden: Bescheiden-bekömmliche Klassiker wie diese sind akut bedroht und viel zu gut, um nur der Erinnerung überlassen zu werden. In dieselbe Kategorie fallen das schön paprizierte und mit Saft umkränzte Reisfleisch oder der gut geknofelte Kelch mit Erdäpfelröster.

In Kombination mit einer ansehnlichen Weinkarte ist dieses von Understatement geprägte Wirtshaus ein schöner Beweis für Lebendigkeit und Variantenreichtum der Wiener Küche. (Severin Corti/Der Standard/rondo/17/02/2012)