Flächendeckender Wandverbau in Schlammgrün, dazu passend Uniformen in Violett und Mauve.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das neue, vollvegetarische Tian.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Christian Halper hat sich als Ko-Eigentümer des Fonds-anbieters Superfund auszahlen lassen und widmet sich seither schöngeistigen, der Ganzheitlichkeit verpflichteten Projekten. Eines davon ist ein Restaurant, das nach multiplem Umbau nun doch noch eröffnet hat und sich der vegetarischen Küche in exklusiver Form widmet. Also, theoretisch halt. Das Interieur, bei dem sich ein Tischler mittels fugendicht verbauter Möblage in galligem Grün verwirklichen durfte, atmet den glatten Charme eines Frühstückraumes.

Die aus Birkenholz und Moos zusammengebauten Luster scheinen als Ausgleich aufgehängt worden zu sein - ein bissl rustikaler Schnörkel soll offenbar schon sein. Abgestimmt dazu die violetten Uniformen samt malvenfarbenen Schürzen des Service. Ob dafür ein Farbberater zum Einsatz kam, ist nicht verbürgt, dass die Mitarbeiter mithilfe eines Astrologen ausgewählt wurden, ist aber ganzheitlich ernst gemeint.

Tatsächlich zeichnen sich die Damen und Herren Kellner durch ausgesuchte Liebenswürdigkeit aus, die Kommunikation mit der Küche muss aber dennoch interstellare Distanzen überwinden. Schon die Nennung des für die Brotauswahl zuständigen Bäckers ("Bernd, das Brot", kein Scherz!) sorgt für Unsicherheit, bei der Erklärung der "erlesenen" Industriekäse ist dann überhaupt Sense: Dass die französelnden Fantasienamen verschämt in den Hemdkragen genuschelt werden, mag ja angehen, die Ricotta salata nach Rückfrage als Büffelmozzarella anzupreisen, wirkt hingegen sehr patschert.

Vielfältigkeit der fleischlosen Küche

Aber gut, die Küche scheint auch sonst nicht ganz zu wissen, wo sie hinwill. Zwar versteht sich das Restaurant als exklusiver Ort, an dem die "Vielfältigkeit der fleischlosen Küche" nach allen Regeln der Kunst "ausgelotet" werden soll, was angesichts des weltweiten Trends zu fantasievoller Gemüseküche auch mehr als willkommen ist. Nur: Wenn von fünf zur Auswahl stehenden Hauptspeisen vier Pastagerichte und eines ein zerkochter Risotto ist, dann wirkt der Anspruch wie ein Hohn.

Selbst das in Ehren ergraute Wrenkh bringt mehr Vielfalt auf die Teller. Auch sonst besticht das Gemüse durch fantasielose Beiläufigkeit, bei den Salaten wird mit müden Sprossen und reichlich Rucola daran gearbeitet, die Auswahl des nächsten Supermarkts an Ideenlosigkeit zu übertreffen. Dass die als "Tian Acker- Arrangement" angekündigte Vorspeise (Bild) ein hilfloser Abklatsch des mittlerweile weltweit kopierten "Gemüsebeets" im Noma ist - allerdings mit welk gekochtem statt knackigem Gemüse und ein bissl feucht zerbröseltem Vollkornbrot statt knusprigen Malzes und gerösteter Haselnüsse, fügt sich in das unglückliche Ensemble: Irgendwie scheint die Qualität des Essens die geringste Sorge der Armada an Beratern gewesen zu sein, die sich hier "einbringen" durfte. (Severin Corti/Der Standard/rondo/16/12/2011)