Könnte auch in Triest, Udine oder Florenz stehen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Ambiente des Cortese in der Wiener Innenstadt spricht die Sprache italienischer Restaurantkultur.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das neue Cortese, am Beginn der Weihburggasse gelegen (und zwar so sehr, dass sich im Sommer ein Gastgarten auf der Kärntner Straße ausgeht), hat eine bewegte Geschichte. Einst war es als "La Tavola" unter den Brüdern Haslauer ("Novelli") eine frühe Wirkungsstätte von Fabio Giacobello, der in der Folge noch viel dazu beitragen sollte, "italienisch" als die wahre Idee vom guten Essen in den Köpfen der Österreicher zu verankern. Die Anmutung des Restaurants ist bis heute von der Tavola-Einrichtung bestimmt, die mit dickem Eichenboden, eleganter Lamperie, schönen alten Thonetstühlen auf verblüffend stimmige Weise die gut eingesessene, zurückhaltende Atmosphäre bürgerlicher norditalienischer Restaurants einfängt.

Die Appliken und der stoffumfaltete Luster sind neu und fügen sich nahtlos in die Stimmung - nur das gar grelle Himbeerrot an manchen Wänden würden sich echte Italiener mutmaßlich verbitten. Dass auf das Tavola nacheinander nur Betriebe einzogen, die es auf den schnellen Touri-Euro von der Kärntner Straße abgesehen hatte, schreckte Neno Treselj, als langjähriger Betreiber des Cinque Terre wie des Aurelius (beide in der Marc-Aurel-Straße) ein alter Hase der Wiener Mittelmeergastronomie, nicht: "Das Lokal gefällt mir, ich bin überzeugt, dass man es wieder hinaufkochen kann."

Der erste Eindruck geht ein bissl daneben

Der erste Eindruck geht aufgrund extrem wässriger Oliven wie auch Kapernbeeren zum Gedeck zwar ein bissl daneben, dafür ist das Brot (Gragger?) wie auch das istrische Olivenöl von guter Qualität. Die Weinkarte präsentiert sich noch rudimentär, Treselj versichert aber, dass sie binnen Kürze mehr als 100 Positionen umfassen wird, darunter auch etliche unter oder rund um 20 Euro - klingt doch sehr vernünftig für ein Lokal in dieser Lage.

Auch die Speisekarte gibt sich am rechten Rand zurückhaltend, speziell angesichts dessen, was auf die Teller kommt. Bouillabaisse erweist sich als safranisierte Fischsuppe von klarer, dichter Kraft, in der sich allerhand Muscheln, Fischfilets und anderes Geschrimps tummeln. Auch gebratener Oktopus mit köstlichen Coco-Bohnen und Rucola ist eine mächtige Vorspeisenportion mit zwei kräftigen, saftig und zartschmelzend weich geschmorten und kurz angebratenen Armen.

Ganz erstaunlich schließlich das Fritto misto di mare, wo statt des üblichen Kleingetiers eine gewaltige Riesengarnele, abermals zwei Oktopusarme, allerhand Kalmare und zwei echte Scampi auf knusprig geröstetem Knoblauchbrot landen: Alles auf den Punkt frittiert und eine durchaus gewaltige Portion. (Severin Corti/Der Standard/rondo/04/11/2011)