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Kreisch! Schon wieder ist Kürbiszeit - und erinnert den Autor in Form von Suppe an seine unerledigten Pflichten im Garten.

Foto: APA/Klaus Techt

Es ist vollbracht. Der Sommer ist vorbei, die Herbstblüher der Kategorie "blond, aber blöd" erstrahlen in Blau, Magenta und Orange, und die Feuchten kriecht schön langsam in die Knochen. Die Haut der Hände ist rissig wie Birkenborke, die Hüften knirschen, mürb von einigen Monaten intensiver Gartenarbeit, bei jeder Bewegung, und Geist und Körper sehnen sich nach etwas völlig anderem. Irgendetwas, das nichts mit setzen, rupfen und hochbinden zu tun hat.

Es ist Essenszeit, es ist Zeit, wieder vermehrt essen zu gehen, anstatt im Garten den geernteten und selbst zubereiteten Eigenanbau zu verzehren. Jetzt setzen wir wieder die Wirtsleut' ins Geld. Damit dieser brutale Lebensweisenwechsel nicht zu dramatisch ausfällt, empfiehlt es sich, ein über die Sommermonate fast vergessenes Stammlokal aufzusuchen und vom ewigen Gartenthema Ablenkung zu suchen. Von wegen.

Gedanke an die Eingangslaubenbegrünung

Der Aperitif, ein Gelber Muskateller, hätte ein schönes Bouquet voll floraler Aromen. Abgelehnt - heute Abend kein Garten bitte. Die Tagessuppe? Eine Kürbis-Kokos-Cremesuppe mit Kernöl und Kürbiskernen - um Gottes Willen! Die Palme im Garten hat ja noch kein Winterquartier, und der Zierkürbis hat beim letzten Schauer zu faulen begonnen, der muss auf den Kompost. Wieder nichts mit Distraktion vom Garten. Das Beef tartare kommt mit Wachtelei und Senfrahm.

Ein guter Grund, sich zu überlegen, warum dieses Jahr der Rucola gar so scharf und senfig dahergekommen ist. Und das Gespräch driftet in Richtung Garten ab. Inzwischen kommt ein Kleines aus Trum, eines der hopfigsten Biere des Landes, und da ist der Gedanke an die Eingangslaubenbegrünung natürlich nicht weit. Hopfen wächst im satten Grün, sehr schnell, sehr hoch, und wird als Sichtschutz, Windschutz und Sonnenschutz von der pflanzenvertreibenden Zunft viel zu wenig ernst genommen. Das wäre doch eine nette Idee für die nächste Saison.

Petroselinum crispum tuberosum

Der Rahmgurkensalat zum gebackenen und gebratenen Wels passt hervorragend, wäre da nicht das berstend volle Gemüsefach im Eiskasten daheim; eigene Ernte, versteht sich. Wem könnte man denn noch aller die Paradeiser, Pfefferoni, Zucchini und Gurken schenken? Und warum gab es diesen Sommer so eine fantastische Ernte? Liegt es am Sich-nicht-Kümmern? Und während diesen Gedanken in Worten Ausdruck verliehen wird, nötigt einen das nächste Gericht zu einem handfesten Streit: Die Pastinaken, aus denen der Koch ein feines Püree zum Hirschrücken mit Lardo zubereitet, sind nicht einfach nur Peterwurzen, da hat der Kommensalist einfach unrecht.

Und ob das Gegenüber drauf wettet oder nicht, über solchen Schmafu ist der ambitionierte Laiengärtner doch erhaben! Die Peterwurzen Petroselinum crispum tuberosum ist im Unterschied zur strikt zweijährigen Pastinke (übrigens, kein Schimpfwort) Pastinaca sativa sativa mehrjährig. Und schon wieder dreht sich alles um den Garten. Es ist zum Verzweifeln. Könnte bitte irgendwer die Zeit zwischen Herbstwelke und Gartenbuchernte am heiligen Abend zur gartenfreien Periode ausrufen? Und könnte zum Dessert irgendetwas Nichtfrugales angeboten werden? Irgendetwas, das dazu einlädt, sich über Autos, Politik oder Society zu verlieren? Danke. (Gregor Fauma/Der Standard/rondo/07/10/2011)