Angusrind und Mangalitzaschwein vom Hof Meinklang in Pamhagen.

Foto: Tobias Müller
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Die Verwandlung.

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Wurst.

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Kochen heißt, die Welt nicht hinzunehmen, wie sie ist, im festen Glauben, dass es einen Akt der Kultur braucht, um sie dem Menschen verdaulich zu gestalten. Schwein und Kartoffeln etwa: Die sind im Urzustand nicht bloß ungenießbar, sondern gesundheitsschädlich. Einzig der Rohkostler findet in der ungeschlachten Schöpfung Erfüllung, doch selbst er gesteht ihre Unzulänglichkeit ein, wenn er das Radieschen salzt.

Des Kochens Krone aber ist die Wurst. Sie ist das eingelöste Heilsversprechen, dass am Ende wirklich alles gut wird, und der Beweis, dass es kein schlechtes Fleisch gibt - bloß unpassende Zubereitung. Der Zauber des Wurstens liegt in der Verwandlung: All jene Teile, die sonst kaum weichzukriegen sind, werden in der Wurst zum saftigsten Schmelz aus Fleisch, Gewürz und Fett. Dazu kommt die konservatorische Freude des Vorrathalters, das gute Gewissen des Restlverwerters und das kindliche Vergnügen des Heimwerkers, lustige Werkzeuge wie den Fleischwolf und die Wurstspritze zu benutzen.

Alles, was gut schmeckt

Denn ganz ohne diese beiden wird es schwierig, wenn man nicht verdammt geschickt mit Messer und Spritzbeutel ist. Abschrecken sollte das nicht: Beide Geräte zusammen sind billiger als etwa eine gute Bohrmaschine, sie zu benutzen ist ungleich geselliger.

Grundsätzlich gilt: Alles, was gut schmeckt, hat keinen Grund, das nicht auch in der Wurst zu tun. Speziell das Schwein aber ist geradezu geschaffen für die Wurst. Erstens, weil das Verhältnis von Fett zu Fleisch bei einer Schweinsschulter exakt dem entspricht, was Wurstconnaisseure für die Füllung als perfekt bezeichnen. Und zweitens, weil der Darm des Tiers exakt lang genug ist, dass alles hineinpasst, was an ihm üblicherweise verwurstet wird. Pure Vorsehung - was sonst?

Beim Wursten gilt es, exakt und präzise zu arbeiten. Wurst ist temperaturempfindlich: Wird sie während des Abmischens zu warm, trennen sich Fett und Protein beim Kochen. Das Ergebnis kann man zwar essen, will man aber nicht.

Einige Stunden rasten

Das ist gemein, weil kaum jemand im Winter grillt, es soll die selbstgemachte Bratwurst aber nicht verhindern: Der Verwurster achtet darauf, dass sowohl Zutaten als auch Werkzeug stets gut gekühlt sind - das Fleisch zu Beginn der Verarbeitung ruhig etwas angefroren, die Messer, Schüssel und Fleischwurstscheiben der Maschine frisch aus dem Tiefkühler. Daneben braucht es Zeit: Wer es eilig hat, geht besser zum Würstelstand. Die Fleischteile müssen gut geputzt werden, Flachsen verderben die Konsistenz. Die Wurstmasse oder, noch besser, das gewürfelte, gewürzte Fleisch, soll einige Stunden rasten (im Kühlschrank!).

Der Inhalt der Wurst gilt traditionell als unergründlich, was maßlos übertrieben ist. Er soll mindestens zu 25 bis 30 Prozent aus Fett bestehen, jenes vom Schweinshals gilt als besonders cremig. Die Wurstbibel "Charcuterie" empfiehlt auf 2,25 Kilo Füllung 40 Gramm Salz und einen Viertel Liter Eiswasser zum Verteilen der Gewürze. Der Rest ist äußerst vielfältig, es gibt so viele Rezepte wie Wurstmacher. Die nun folgenden stammen von Fleischermeister Gottfried Jakits aus Pamhagen - danke!

Für Anfänger: Leberwurst (etwa 12 Gläser). Je ein Kilo Leber, grünen Speck und Fleisch durch die Sechser-Scheibe des Fleischwolfs drehen. Zwei Jungzwiebeln mit Grün, eine normale Zwiebel, Maggikraut, Selleriegrün klein gehackt untermischen, salzen und ordentlich pfeffern. Abschmecken und in Gläser füllen, nicht zu voll, damit sich oben eine konservierende Fettschicht bilden kann. Fest verschließen und zwecks Verdichtung das Glas kräftig auf die Handfläche schlagen. 50 Minuten in 80 Grad heißem Wasser bis zum Glasrand ziehen lassen.

Für stolze Wurstspritzenbesitzer

Bratwurst (genug für zehn Portionen). 1,5 Kilo Fleisch und 1 Kilo Speck durch die Zehner-Scheibe gedreht, damit es noch etwas Biss hat. 1/4 Liter Wasser mit drei gehackten Knoblauchzehen dazu, gefolgt von rotem Paprikapulver, Majoran, Thymian, Oregano, Salz und Pfeffer. Einige Minuten mit Mixer oder Löffel mischen, um eine gute Bindung zu erreichen. Ein kleines Stück pochieren und kosten.

Das Füllen: Den Wurstdarm (gibt's auf Ebay, sechs Meter reichen völlig) in kaltes Wasser einlegen und dieses mehrmals wechseln. Die gesamte Länge über die Spritze ziehen, nass geht es leichter. Ins Ende einen Knoten machen und prall mit der Masse füllen. Sollte der Darm reißen, einfach durchschneiden, abbinden und weiter füllen. Ist alles drin, den Darm an den gewünschten Stellen eindrehen. Erst sieden, dann grillen, beides nicht zu lang und nicht zu heiß. Auch eine Wurst schmeckt so, wie sie behandelt wurde. (Tobias Müller/Der Standard/rondo/08/07/2011)