Highlight der Messe: ein Nachbau von Jean Prouvés "Pavillon démontable" aus 1944.

Foto: Hersteller

Experimentelles Design zu fördern hatten sich die Gründer der Design Miami Basel einst auf die Fahnen geschrieben. Nach dem Rücktritt der schillernden Direktorin Ambra Medda im vergangenen Jahr trat 2011 Marianne Goebl deren Nachfolge an. Die Österreicherin will künftig das historische Programm vermehrt stärken.

Unter den Unikaten, limitierten Editionen und Raritäten des Möbeldesigns konnte man einige Schätze ausmachen. Eine Wiederentdeckung war der französische Designer Joseph André Motte. Die New Yorker Galerie Demisch Danant hat dem in Vergessenheit geratenen Designer eine Solo-Show ausgerichtet. Der Stuhl "Tripod" aus Rattan ist eines von Mottes Meisterstücken. Mit dem Dreibeiner aus dem Jahre 1949 gewann Motte die Silbermedaille der Mailänder Triennale im selben Jahr.

30.000 Euro für einen Hängeleuchte

Dass man die Designgemeinde nicht erst auf einen Designer wie aufmerksam machen musste, versteht sich von selbst. Die Pariser Galerie Eric Philippe hat gleich am ersten Messetag eine Rarität der finnischen Designlegende verkauft. Für 30.000 Euro wechselte seine Hängeleuchte den Besitzer. Das Exemplar mit den charakteristischen fünf Öffnungen hatte Aalto für das Domizil des Kunstsammlers Louis Carré entworfen. Sie blieb jedoch ein Prototyp und wurde zurück nach Finnland gesendet.

Ein unbestrittenes Highlight der Messe in Basel war jedoch kein Möbel: Ein dreiköpfiges Team baute am Stand der Pariser Galerie Patrick Seguin Jean Prouvés "Pavillon démontable" innerhalb eines Tages auf - und dies an jedem Messetag von neuem. Die sechs mal sechs Meter große Notunterkunft des visionären Schöpfers für die Kriegsopfer in Lothringen erscheint im Angesicht von Erdbeben und Tsunamis so aktuell wie zu ihrer Entstehung 1944.

Do-it-yourself-Stuhl

Bei all den Schätzen aus der Vergangenheit: Zahlreiche Galerien hatten auch zeitgenössisches Design im Gepäck. Am Stand der Brüsseler Galerie D&A Lab stehen 13 Stühle von Jonathan Monk. "Mari Thirteen" ist eine Hommage an Enzo Maris "Autoprogettazione"-Projekt. Wo der italienische Großmeister aber einen Do-it-yourself-Stuhl aus billigen Materialien für jedermann anbietet, ist jeder Stuhl des britischen Künstlers aus kostbaren Holzarten wie Wengé oder Koto-Holz gestaltet. Ein High-End-Version des demokratischen Entwurfs von Mari.

Ganz poetisch die Installation von Asif Khan: Wolken aus Seifenschaum steigen aus weißen Behältern nach oben, lösen sich ab, fangen sich in einem Netz an der Decke und fallen wieder nach unten. Die Designmesse kürte den Briten zusammen mit der Lifestyle-Hotelkette "W Hotels" zum "Designer of the Future 2011". Mit "Clouds" nimmt das Jungtalent die Besucher der sechsten Ausgabe der Design Miami Basel mit in die Wolken. Ihr Debüt unter 40 internationalen Designgalerien gab die Galerie Ulrich Fiedler aus Berlin. Sie präsentierte unter anderem Friedrich Kieslers persönlichen Arbeitstisch (1930), der mal Schreibtisch, mal Zeichentisch ist. (Andrea Eschbach/Der Standard/rondo/23/06/2011)