Als "sportlicher Naturtyp" lässt er sich von keinen Krawatten einengen, die Krägen der hellblauen Hemden sind der einzige Anflug von Steifheit, den er sich erlaubt.

Foto: Heribert Corn

Seit einigen Wochen ist ein interessantes Buch auf dem Markt. Es bietet 101 Antworten auf die 101 wichtigsten Fragen,die sich in der Mode stellen (Stefanie Schütte, Beck'sche Reihe). Die Frage Nr. 97 lautet "Wie kann ich einen eigenen Stil entwickeln?", und da hat die Autorin einige kluge Ratschläge. "Zu einer romantischen Nostalgikerin mit drei Katzen, vier Wellensittichen und einem pastelligen Samtsofa", schreibt sie, "passt kein klarer Purismus. Und ein sportlicher Naturtyp sähe in der Robe einer Femme fatale verkleidet aus." 

Gegen die Rolle der Femme fatale

Womit wir bei Sebastian Kurz, unserem neuen Staatssekretär, wären. Man wird ihm zugestehen müssen, dass er es im Laufe seiner kurzen Karriere bereits geschafft hat, einen ganz eigenen Stil zu entwickeln. Bewusst hat er sich gegen die Rolle der Femme fatale entschieden, eine Rolle, die aufgrund seiner Nähe zu großen, geilen Dingern eine theoretische Möglichkeit gewesen wäre, und hat sein dunkelblondes Haar nicht seitlich über die Charakter-Ohren, sondern unter Einsatz von viel Gel nach hinten gekämmt.

Dieselbe Konsequenz, die er bei seinen Haaren an den Tag legt, zeigt er auch, was seinen Kleidungsstil anbelangt. Als "sportlicher Naturtyp" lässt er sich von keinen Krawatten einengen, die Krägen der hellblauen Hemden (Venturini?) sind der einzige Anflug von Steifheit, den er sich erlaubt. Alles andere sitzt locker, die tiefliegende Jeans genauso wie die Wildleder-Mokassins oder das Mundwerk. Alles aus einem Guss, beziehungsweise wie es bei Antwort Nr. 97 heißt: "Verschwommenheit zerstört den Stil." (Stephan Hilpold/Der Standard/rondo/06/05/2011)