Die Taschen der Gebrüder Freitag aus Zürich prägten den Stil einer Zeit.

Foto: Hersteller

Jetzt werden die Taschen femininer.

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DER STANDARD: Seit 17 Jahren stellen Sie aus Lkw-Planen Taschen her. Wer trägt die eigentlich noch?

Daniel Freitag: Immer noch dieselben und die, die ähnlich denken. Viele Kunden sind uns über Jahre oder fast Jahrzehnte treu geblieben.

Markus Freitag: Mit Abstinenzen.

Daniel: Ja, der eine oder andere hat die Taschen vielleicht eine Weile beiseitegelegt und dann wieder hervorgeholt oder ein neues Modell entdeckt. Aber es ist schon so, dass wir uns auch in der Vergangenheit immer wieder in neue Gefilde gewagt haben.

DER STANDARD: Auch mit der neuen Kollektion. Sie sieht weiblicher aus. Ein Versuch, andere Kunden zu gewinnen?

Daniel: Die Frage ist, womit das Wort "anders" in Verbindung gebracht wird. Ich denke, dass sich die Haltung unserer neuen Kunden nicht von jenen unterscheidet, die vor zehn Jahren unsere Klassiker gekauft haben. Wir stellen uns nicht infrage, sondern sprechen Leute an, deren Lebenssituation sich gewandelt hat.

Markus: Man kann sagen, wir erreichen andere Kunden, was den Handel anbelangt. Weil diese Kollektion in ganz anderen Boutiquen verkauft wird, wo wir mit unseren sportlicheren Taschen nicht vertreten waren. Die Taschen sind auch aufwändiger verarbeitet und doppelt so teuer wie die Taschen in der Vergangenheit.

DER STANDARD: Das heißt: Öko muss automatisch teurer sein?

Markus: Wenn du eine Bilanz im Verhältnis zum Preis ziehst, sind die Taschen durch ihre lange Lebensdauer verhältnismäßig günstig. Es kommt drauf an, wie launisch du als Kunde bist. Wir produzieren den größten Teil in der Schweiz, das alles andere als ein Billiglohnland ist. Ich habe kürzlich gehört, wie hoch in Bangladesh, wo zum Beispiel andere Schweizer Taschenhersteller produzieren, ein Monatslohn ist. Da verdienst du hier in der Stunde mehr! Ich glaube, der Preis schreckt die Leute nicht ab.

DER STANDARD: Und genau deswegen sollte man eine Freitag-Tasche kaufen und keine von Bree oder anderen Herstellern?

Daniel: Ich glaube durchaus, dass es Konkurrenzprodukte gibt, die ähnlich gute Bilanzen vorlegen können. Wir haben nie gesagt: "Wir sind die Öko-Taschen und wollen aus Mitleid gekauft werden." Sondern: Die Taschen sollen visuell und funktional überzeugen. Das ökologische ist quasi unser drittes Argument, auf das wir Wert legen und das wir auch beibehalten konnten.

Markus: Wir haben die Kunststofftasche salonfähig gemacht, mittlerweile findest du sie auch bei klassischen Lederwarenherstellern wie Bree. Unsere unterscheidet sich dadurch, dass diese Konkurrenten eine dünnere Planenqualität verwenden. Ökologisch gesehen ist das ein Schuss nach hinten. Wenn man uns kopiert und es eigentlich nicht genauso gut macht, muss man die Leute fragen, was sie sich dabei denken.

DER STANDARD: Zurück zur neuen Kollektion: Entgegen der ursprünglichen "Freitag-Philosophie" wirken sie erst auf den zweiten Blick wie Unikate. Warum?

Daniel: Von Märkten, wo Freitag bekannter ist, kam der Ruf nach einer weniger lauten Tasche. Durch weniger Fragmente wie Schriftzüge wirkt die Tasche zurückhaltender und leiser. Dennoch sind immer noch die farblichen Nuancen und die Gebrauchsspuren da. Das ist diese "Beauty of Imperfection", die die Patina unserer Taschen nach wie vor ausmacht - und die mir nach 17 Jahren immer noch sehr gut gefällt.

DER STANDARD: Die Anekdote über die erste Plane, die in der Badewanne der damaligen Zürcher WG gewaschen und zur ersten Tasche gefertigt wurde, ist mittlerweile Allgemeingut. Ist man es irgendwann nicht leid, die ganze Story wieder und wieder zu erzählen?

Markus: Man kann doch seine Geburt nicht neu erfinden! Die Anekdote verbreitet sich mittlerweile von selbst. Es ist gut, eine Geschichte zu haben, die man nicht erfinden muss. Man kann sagen, bei uns ist alles ziemlich echt.

(Nadine Obermüller/Der Standard/rondo/22/04/2011)