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"Ich hoffe, du hast nicht wieder Maiglöckchenblätter gebracht, sondern wirklich Bärlauch."

Foto: APA/WOLGANG WEHAP

Beinahe jeder im Dorf hasst Bärlauch - vor allem die Alteingesessenen. Die sind entweder so alt, dass sie nicht mehr runter ins Tal ins Naturschutzgebiet klettern können. Dort wächst jener "Bio-Bärlauch", den sie dann den Depperten unten in Wien zu Grammpreisen andrehen. Oder aber sie mussten in den harten Jahren unter den Russen jeden Tag drei Mal Bärlauch essen. Viele Bärlauchhasser werden aber auch zu solchen, weil der Weg zum grünen Gold mit diversen rutschigen Felsen, im Winter abgestürzten Rehen und mit von Bibern umgelegten Bäumen gepflastert ist. Man denkt sich: Naturschutzgebiet gut und schön. Aber aufräumen könnte dort bitteschön schon auch einmal jemand.

Der Dichterfürst jedenfalls wird am Abend derart grimmig den Bärlauch zu Pesto stampfen, dass er beinahe eines vergisst. Er muss das Zeug immer alleine holen. Die Familie weigert sich, an diesem Himmelfahrtskommando teilzunehmen. Sie ist doch nicht blöd. Der Dichterfürst sagt bei seiner Rückkehr, dass er auch heuer wieder fast das Schicksal der Rehe erlitten hätte, dass er leider ins Wasser gefallen, also stark unterkühlt sei und die Hose wohl von jemandem genäht werden müsse, der sich "meine Mutter" nennt. Weil, wer sollte es in diesem Haushalt sonst tun. Die Frau sagt: "Ich hoffe, du hast nicht wieder Maiglöckchenblätter gebracht, sondern wirklich Bärlauch. Was nicht jeder weiß, Maiglöckchen sind giftig. Die Kinder kriegen am Abend Tomatennudeln." Der Dichterfürst ist im Dorf ein richtiger Einheimischer geworden. Er hasst Bärlauch, aber wie. (Christian Schachinger/Der Standard/rondo/01/04/2011)