Im Kampf gegen die Uhrenfälscher entwickelte die FHH u. a. eine Kampagne mit diesem Sujet und dem Slogan "Fake watches are for fake people".

Foto: Hersteller

Fabienne Lupo machen in Sachen Uhrenfälscherei vor allem das Internet und die steigende Qualität der Fakes Sorgen.

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DER STANDARD: Haben Sie eine Lieblingsuhr?

Fabienne Lupo: Ja, aber vielleicht sind die Leute von den anderen Marken sauer, wenn ich's sage. Also gut: Ich mag besonders gern eine Reverso von Jaeger-LeCoultre.

DER STANDARD: Wie viele Uhren besitzen Sie?

Lupo: Sechs oder sieben.

DER STANDARD: Welche ist die Teuerste?

Lupo: Ich glaub, eine Panerai.

DER STANDARD: Wie viel hat sie gekostet?

Lupo: Sie war ein Geschenk.

DER STANDARD: Welches Image wollen Sie mit Ihrer Uhr ausstrahlen?

Lupo: Ich möchte wie eine elegante Person wirken.

DER STANDARD: Inwiefern unterscheiden sich Männer und Frauen, was ihr Konsumverhalten in Sachen Uhren betrifft?

Lupo: Ich denke, Uhren sind für Männer die sichtbarste Art, Schmuck zu tragen. Männer mögen gern technische Aspekte, während manche Frauen Uhren wahrscheinlich lieber als eine Art Juwel sehen. Aber unterm Strich ist der Zugang wahrscheinlich gar nicht so verschieden.

DER STANDARD: Für einen Laien ist es trotz oder gerade wegen der vielen Modelle, die es am Markt gibt, schwer, wirklich neues Design zu entdecken. Wie erkennen Sie neues Uhrendesign?

Lupo: Neues Design für Uhren ist ein ganz besonderer Job. Man ist allein schon in Sachen Größe, Gewicht und Technik beschränkter als in anderen Bereichen, in denen gestaltet wird. Aber trotzdem gibt es jedes Jahr diese Momente, in denen man Uhren entdeckt und sagt: "Oh, die ist anders."

DER STANDARD: Das passiert aber eher nur Insidern, oder?

Lupo: Man sollte sich schon ein bisschen auskennen und geübte Augen haben, um diese Unterschiede entdecken zu können. Aber es gibt auch Kollektionen, bei denen das offensichtlicher ist. Wenn man sich zum Beispiel die Uhren von Ralph Lauren anschaut, muss man sagen, dass die wirklich eine ganz eigene Linie gefunden haben.

DER STANDARD: Eines der Ziele Ihrer Stiftung ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Produktfälschung. Wie gehen Sie vor?

Lupo: Unglücklicherweise können wir gegen die Fälscher-Industrie nicht wirklich mit direkten, konkreten Aktionen kämpfen. Also leisten wir in erster Linie Aufklärungsarbeit. Wir informieren die Menschen, was alles damit verbunden ist, wenn sie eine gefälschte Uhr kaufen. Da geht es auch um Themen wie Kinderarbeit und organisiertes Verbrechen.

DER STANDARD: Der Markt für Fakes wächst stetig. Dabei hilft vor allem der Handel über das Internet. Außerdem wird auch die Qualität der Fakes immer besser.

Lupo: Ja, vor allem das Internet macht uns Sorgen. Es ist oft unmöglich, Informationen über die Quellen herauszufinden. Und es kostet viel Geld. Manche Fälschungen sind mittlerweile so gut, dass sie auch von Profis kaum noch zu erkennen sind.

DER STANDARD: Sie werben in einer Kampagne mit dem Slogan "Fake watches are for fake people". Glauben Sie, dass das Menschen wirklich davon abhält, sich im Urlaub eine gefälschte Uhr zu kaufen?

Lupo: Zumindest denken sie vielleicht darüber nach. Vielleicht fühlen sie sich beim Gedanken, eine Fake zu kaufen, schuldig. Wir wollen das Gewissen ansprechen. Dennoch, es wird nicht jeden erreichen. In einer neuen Kampagne wollen wir aufzeigen, was alles hinter dieser Fälscherindustrie steckt.

DER STANDARD: Die Schweizer Uhrenindustrie produziert jährlich circa 26 Millionen Uhren. Dem stehen 30 bis 40 Millionen Fakes gegenüber. Wie hoch beziffern Sie den wirtschaftlichen Verlust?

Lupo: Dieser wird auf fast eine Milliarde Euro geschätzt.

DER STANDARD: Ohne zynisch sein zu wollen: Wenn man den Spieß umdreht, könnte man sagen, dass - Betrug hin oder her - vom Markt der gefälschten Uhren ebenfalls sehr viele Menschen leben. Die meisten Menschen können sich ohnehin keine echte Cartier leisten.

Lupo: Ja, manche Menschen argumentieren so. Mir ist bewusst, dass es sich um eine sehr komplexe und heikle Angelegenheit handelt und es wirklich schwierig ist, das optimal zu vermitteln. Aber wie gesagt, hier geht es auch um Kriminalität.

DER STANDARD: Warum ist Rolex die mit Abstand am meisten gefälschte Uhrenmarke?

Lupo: Weil es wohl die berühmteste Marke ist.

DER STANDARD: Viele Uhren stehen für eine extrem hohe Wertbeständigkeit. Was unterscheidet Uhren diesbezüglich zum Beispiel von der Kunst oder von Oldtimern?

Lupo: Uhren sind so wertbeständig, weil so vieles hinter diesen Objekten steht. Handwerkskunst, Know-how etc. Man könnte sagen, es gibt 40 Jobs, die mit der Produktion einer Uhr zusammenhängen. Und dabei handelt es sich in erster Linie um die Arbeit von Experten. Der eine setzt die Edelsteine, der andere ist für die Email-Beschichtung zuständig usw. Ich denke, das ist der Hauptgrund und auch der Unterschied zu einem Gemälde. Eine Uhr ist wie eine Oper. Auch dort arbeiten sehr viele verschiedene Menschen am gleichen Stück. Hinzu kommt noch die Geschichte einer Marke. Die Vergangenheit kennen wir, die Zukunft nicht.

DER STANDARD: Die Fondation de la Haute Horlogerie sieht sich auch als Thinktank. Was wird denn in diesem Tank so gedacht?

Lupo: Es geht um Fragen der Produktion oder der Distribution. Wir bringen Publikationen heraus, führen Studien durch, veranstalten Schulungen oder Tagungen mit Gästen wie Valéry Giscard d'Estaing, Oliviero Toscani oder Paulo Coelho.

DER STANDARD: Wie definieren Sie eigentlich die Haute Horlogerie?

Lupo: Oh la, die schwerste Frage also zum Schluss. Ich denke, es ist nicht möglich, diese exakt festzulegen. Um zu verstehen, was die Haute Horlogerie genau bedeutet, sollte man auf jeden Fall unsere Website besuchen. Dort findet man ein Manifest betreffend die hohe Kunst der Uhrmacherei, an dem wir sehr lange gearbeitet haben. Dort findet man viele Kriterien, objektive wie subjektive. (Michael Hausenblas/Der Standard/rondo/25/02/2011)