Sich den Luxus leisten, die Weine nicht abzufüllen, sondern "im Gebinde" zu verkaufen.

Foto: Christian Fischer

Da wären die Super-Premium- oder Ultra-Premium-Weine, die signalisieren, dass hier etwas Überdrüberes im Glas ist. Um einen Wein zum Kultwein zu machen, reichen eine einigermaßen gute Beurteilung in einschlägigen Publikationen und ein mäßig einfallsreicher Marketing-Texter.

Es soll auch vorkommen, dass Flaschen durch Aufkleben von Glitzersteinchen in den Rang des Besonderen erhoben werden, ohne dass jetzt eine signifikante Qualitätssteigerung des flüssigen Inhalts damit verbunden wäre. Luxus und Qualität sind völlig entkoppelt und haben so gut wie nichts damit zu tun, ob einem das Ding dann auch tatsächlich schmeckt.

Bei Wein-Spekulationen bringen nur absolute Klassiker die ersehnten Preissteigerungen, die dafür auch in Zeiten der Krise. Dazu zählen die ersten Gewächse des Médoc wie Mouton-Rothschild, Latour und Co oder Edeltropfen aus Pomerol wie Le Pin oder Chateau Pétrus, die beide um weit mehr als 1000 Euro pro Flasche gehandelt werden (auch wenn beide ex Weingut interessanterweise deutlich weniger kosten). Die vorhandene Menge ist dabei nicht ausschlaggebend.

"Im Gebinde"

Mouton-Rothschild und andere Premiers Crus gehen in die Hundertausend abhängig vom Jahrgang, sind jedoch eben so stark nachgefragt. Von Le Pin gibt es unter "normalen" Umständen jährlich rund 7000 Flaschen, von Chateau Pétrus rund 30.000. Der Weingarten, der Le-Pin-würdige Trauben hervorbringt, hat nun einmal kaum zwei Hektar, die Fläche für Pétrus etwa elf. Beide Erzeuger leisteten sich in der Vergangenheit auch den Luxus, die Weine nicht abzufüllen, sondern "im Gebinde" zu verkaufen: Le Pin im Jahrgang 2003, da die Trauben durch in der Hitze des Sommers "aufgekocht" wurden und nicht die Voraussetzungen für einen Wein dieser Güte erfüllten.

Wein ist kein Grundnahrungsmittel wie Butter oder Milch. Doch Luxus nur an Preis und Verfügbarkeit festzumachen, ist zu einfach. Angenommen, Luxus ist etwas Erfreuliches und Befriedigendes, dann kann das zum Beispiel eine Flasche sein, die bewusst ausgewählt wurde und besonders gut zu einem Festmahl oder zu den geladenen Gästen oder idealerweise zu beidem passt - egal ob sie nun fünf, fünfzig oder fünfhundert Euro gekostet hat. (Der Standard/rondo/22/10/2010)