Es ist leicht, für die Decke zu sein.

Foto: Der Standard

+++Pro
Von Ljubisa Tosic

Der Tag wird kommen! Dann wird man, weil Raucherkolonien auf dem Mars noch nicht in Betrieb sein werden, als Zwischenlösung eine ferne Insel gefunden haben, die zum globalen Raucherklub umgeformt sein wird. Bis zum Eintritt in dieses Paradies, gilt es für den Genießer standhaft und flexibel zu bleiben. Da um ihn herum längst die Meinung vorherrscht, eine problemfreie Welt sei nah – nur noch er, der Konsument von Rauchware, würde ihr stinkend im Wege stehen, sieht er sich mit Disziplinierungsattacken auch in Form von zusehends kleiner werdenden Räumen konfrontiert.

Den Gipfel der lustigen Verhöhnung bilden jene senkrechten Särge auf Flughäfen, die sich telefonzellenartig tarnen. Netter Versuch, aber: Der Raucher bedarf zur Entfaltung der Qualmfreude rauchfreier Umgebung. Deshalb, danke für die Decke, wir gehen ins Freie, verlängern eingehüllt die warme Jahreszeit, atmen tief durch und sehen der immer blasser werdenden Sonne zu – bis die erste Schneeflocke auf den Tschick fällt. Dann sehen wir weiter.

Kontra---
Von Gudrun Harrer

Es ist leicht, für die Decke zu sein. Aber wir sind noch nie den leichten Weg gegangen, auch nicht gastronomisch. Deshalb nein zur Decke! Dass sie im urbanen Raum grassiert, ist dem Klimawandel geschuldet, der vor dem Hitzekollaps heuer noch schnell eine kleine Sommereiszeit schickte. Die Decke deckt mehr zu als unsere frierenden Knie: den riesigen CO2-Fußabdruck unseres Bobo-Foods! Weg mit der Decke!

Draußen, beim Heurigen, ist es wieder etwas anderes. Da opponieren wir gegen das Decken-Service im Gedenken an all die Heurigenwirte und -wirtinnen, die sich die Gnade, uns an ihren verzauberten Orten verweilen zu lassen, mit unserer totalen Leidensfähigkeit bezahlen ließen. Stundenlang und ohne Murren standen wir bei der Frau Bacher in Sievering um ein paar Deka Liptauer an, in einer anderen Schlange beim "Papa" um den Wein. Tischeverstellen im Garten wurde mit Liebesentzug geahndet. Eine Decke? Sollen sich halt anständig anziehen, die Leut'. Wir sind ein Heuriger und kein Schlafsaal, hätte die Frau Bacher gesagt. (Der Standard/rondo/01/10/2010)