Auch wenn wir Allesfresser sind, müssen wir nicht alles fressen. Oder können.

Foto: Songül Boyraz

+++Pro
Von Karin Pollack

Der Mensch ist biologisch betrachtet ein Allesfresser. Das ist sein großes Pech. Anders als zum Beispiel Kühe kann er ein breites Spektrum an Nahrung verdauen. Aber plötzlich, irgendwann ab 30 plus: Durchfall nach Hummer, starkes Bauchweh mit Furzen nach dem zweiten Latte macchiato oder ein Hautausschlag nach einem Backmischungssemmerl? Alles Einbildung, sagen wenig feinstoffliche Menschen oder solche, die im 2. Weltkrieg gehungert haben. Für Heikligkeiten haben sie entweder mutwillig oder aus historischen Gründen gar kein Verständnis.

Aber – ganz ehrlich – bei den Massen an Nahrungsmitteln muss doch ohnedies jeder wählen. Das Wissen, was einem guttut, endet deshalb auch nicht an der Tür eines Restaurants. Nachfragen, was Köche so alles in ihre Speisen mischen, ist legitim, sind doch die schlechtesten Zutaten immer auch die billigsten. Klar ist das mühsam für Kellner, aber was ist die Alternative? Allesfressen und in der Folge die Klos blockieren, die Luft verpesten oder mit Pickeln herumrennen. Lieber nicht.

Contra---
Von Harald Fidler

Das Carpaccio vom Moorochsen, bitte, das Saiblingsfilet, und dann noch die weiße Schokoladen-Panna-Cotta. Aber jetzt hätt ich noch eine Frage: Geht das Carpaccio ein bisserl dicker, und bitte ja nicht zu kalt, genau, wie das Leitungswasser über Zimmertemperatur, und könnt ich statt dem Olivenstangerl zur Reinanke Schwarzbrot haben, und, sagen Sie, die gelbe Paprikasauce, ist die eh nicht scharf, das vertrag ich vom Magen her nicht, und sind in der Panna Cotta sicher keine Nüsse drin, kein helles Mehl, keine dunkle Schokolade? Fein, dann nehm ich das so.

Als wären Koch und Kellner nicht von Haus aus Jobs für nervenstarke Zeitgenossen. Als hätte sich der Chef, die Chefin nichts überlegt, als sie dem Saibling das Olivenstangerl mit auf den Weg gaben. Daher: Gegessen wird, was auf den Tisch kommt! Nur für echte Unverträglichkeiten gibt's Ausnahmen. Meine Kartoffelpüree-Unverträglichkeit zur gerösteten Leber etwa. Oder meine Panier-allergie, insbesondere bei Steinpilzen. Nicht zu vergessen mein Dinkelproblem. Und erst die ... (DER STANDARD/rondo/20/08/2010)