Sie ist die Königin im musikalischen Deko-Geschäft.

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Es gehört zu den eigenartigen Seiten des Popgeschäfts, dass hier Menschen erfolgreich sind, deren starke Seiten nicht unbedingt musikalischer Natur sind. Während ein Koch, dessen Begabung für die Tisch-Deko größer ist als fürs Kochen, nicht unbedingt hinterm Herd stehen wird, ist das im Popgeschäft kein Problem. Nehmen wir Lady Gaga.

Sie ist die Königin im musikalischen Deko-Geschäft. Eigentlich wäre sie wie geschaffen gewesen, für Großbritannien in das Rennen um den Song Contest zu gehen. Mit Sicherheit wäre den Briten dann der letzte Platz erspart geblieben. Statt deutsche Schülerinnen und weißrussische Schmetterlingsflügel fordert Lady Gaga mit ihrem neuen Song aber lieber Altmeisterin Madonna heraus. Es geht um nichts weniger als die Frage, wer auf dem Stilparkett den Ton angibt.

Bizarrer Sado-Maso-Sex und Blasphemie

Das Liedchen heißt "Alejandro", und gäbe es seit vergangener Woche nicht ein Video dazu, es wäre nicht weiter der Rede wert. Darin gibt Lady Gaga nämlich Madonna. Mit platinblondem Haar und knallroten Lippen imitiert sie die mehr als doppelt so alte Sängerin. Sie ist die Madonna aus der "Like a Prayer"-Zeit, die Madonna aus der "Justify My Love"- und "Express Myself"-Zeit. Am Tag nach Erscheinen berichteten die Zeitungen, dass es in dem Clip von Steven Klein nichts weniger als "bizarren Sado-Maso-Sex und Blasphemie" zu sehen gebe.

Diese Formulierung, ist nach Studium des acht Minuten langen Clips zu sagen, ist nicht ganz korrekt. Zwar tragen manche der männlichen Tänzer Strapse und Lady Gaga einen BH mit Maschinengewehr-Applikationen, recht viel anzufangen wissen sie damit aber nicht. Alejandro ist nämlich schwul, aber das nur nebenbei. Auch das Verschlucken eines Rosenkranzes führt wohl eher zu Problemen mit der Verdauung als dem eigenen Seelenheil.

Wie dem auch sei, im Infight ums Stilparkett werden scharfe Geschütze aufgefahren. Lady Gaga sieht sich als neue Madonna. Christina Aguilera imitiert in ihrem jüngsten Video übrigens ihrerseits Lady Gaga. Fragt sich nur, wer jetzt wiederum Aguilera imitiert. Vielleicht hat die dann das Rennen zur neuen Stilikone gewonnen. Hilfe! (Stephan Hilpold/Der Standard/rondo/18/06/2010)